Dieses Mal geht es bei den Schloss-Spielen in Kobersdorf zauberhaft zu. Der Alpenkönig schafft es auch hier den Menschenfeind zu bekehren …
Ich bin jedes Jahr gespannt, welches Stück das Team rund um Intendanten Wolfgang Böck präsentieren wird.
Heuer wurde von Ferdinand Raimund „Der Alpenkönig und der Menschenfeind“ ins Programm genommen. Angebliche Begründung des Teams zum Intendanten. „Da kannst du wieder einmal so richtig schön granteln“, wie Wolfgang Böck bei unserer Begrüßung vor der Vorstellung verrät.
Und granteln, das kann er. Ich kann mir keinen anderen Schauspieler vorstellen, der dieses anfängliche Ekel so schön grauslich, polternd, grantelnd und menschenverachtend darstellen könnte wie Böck. Aber auch seine „Menschwerdung“ nach der Pause ist einfach eine sehr gelungene Darstellung: berührend, erstaunend, mitreißend. Bravo, Herr Intendant – das hat mir sehr gut gefallen, mich mehr als einmal schmunzeln lassen und auch berührt.
Wolfgang Böck spielt also den anfänglichen Menschenfeind, den Gutsbesitzer Rappelkopf, der sich von seiner Familie, seinen Dienstboten, ja eigentlich von der ganzen Welt betrogen und bedroht fühlt und alle wie den sprichwörtlichen „letzten Dreck“ behandelt.
Auch seiner Tochter gönnt er nicht ihr Liebesglück mit einem durchaus begabten Maler, seiner Frau unterstellt er seine Ermordung in Auftrag gegeben zu haben, seine Dienstboten verachtet er.
Da muss man sich als Geisterkönig ja geradezu einmischen und so bietet der Alpenkönig Astragalus dem Rappelkopf einen Deal an: Er wird seine Gestalt annehmen, um ihn zu zeigen, wie die Welt um ihn herum wirklich aussieht. Der Menschenfeind muss in seinen Seelenspiegel blicken und wird sich dabei seiner ungerechten Wesensart bewusst.
Ende gut, alles gut – Rappelkopf kapiert endlich, dass ihn seine Frau liebt, sein Schwager sein Geld gerettet und nicht „verbraten“ hat und dass auch der junge Maler ein durchaus akzeptabler Schwiegersohn ist. Ende gut, alles gut.
Aber auch dem restlichen Ensemble gebührt wieder großes Lob. Herrlich: Alexander Jagsch als Diener Habakuk. Ich werde mich noch lange daran erinnern, dass er „zwei Jahre in Paris war.“
Einfühlsam und mitfühlend Seraphine Rastl, die als Frau Rappelkopf einiges auszuhalten hat und doch immer Verständnis für ihn aufbringt. Jugendlich frisch und vielleicht ein bisschen naiv, auf jeden Fall sehr verliebt und auch ausgezeichnet bei Stimme Johanna Bertl als Malchen. Ihr treu ergeben Christoph-Lukas Hagenauer als junger Maler August Dorn.
Gerhard Kasal spielt den Alpenkönig und da kann man als „Bösewicht“ schon ins Grübeln kommen, ob man sich mit diesem anlegen soll. Schließlich genießt ja auch er einen „Ruf“.
In den weiteren Rollen seht ihr Elisabeth Veit als Lischen, Malchens Kammermädchen, Dominik Kaschke als Rappelkopfs Stallknecht Sebastian, Tanina Beess als Sabine, Rappelkopfs Köchin, Julian Rohrmoser als Alpengeist und Manfred Sarkösi als Rappelkopfs Schwager.
Im kleinen Kobersdorfer Team müssen manchmal auch „Doppelaufgaben“ bewältigt werden, um einem Stück gerecht zu werden und so sehen wir Seraphine Rastl, Johanna Bertl, Elisabeth Veit, Alexander Jagsch, Dominik Kaschke, Tanina Beess und Julian Rohrmoser auch beim "Zwischenspiel" in der Köhlerhütte.
Toll die Musik von Helmut Thomas Stippich, die von Maria Stippich und Tita Pesata hervorragend umgesetzt wurde. Für mich burgenländische Klänge, die hervorragend zu Kobersdorf passen und fast zum „Mitklatschen“ einladen.
Absolut genial fand ich (und nicht nur ich) heuer das Bühnenbild von Erich Uiberlacker und auch die Regie von Michael Gampe verdient mehr als eine Erwähnung.
Unterschiedliche Lichtfarben setzen das Haus von Rappelkopf in Szene, Rappelkopfs Exfrauen tauchen im ersten Stock des Schlosses gar schaurig auf, Feuer und Regen auf der Bühne, drohend der Alpenkönig, ein im assistierenden Alpengeist, der sich im ersten Stock des Schlosses unerschrocken auf die Balustrade setzt.
Die Aufführungen finden jeweils von Donnerstag bis Sonntag bis 30.7.2023 statt und da auch dieses Jahr der Kartenverkauf ausgezeichnet läuft, gibt es eine Zusatzvorstellung am 4.8.2023.
Weitere Informationen findet ihr auf www.schlossspiele.com. Tickets können ebenfalls über die Website gebucht werden oder telefonisch unter +43 2682 719-8000. Geöffnet ist der Ticketshop von Montag bis Donnerstag von 8:00 bis16:00 Uhr und am Freitag von 8:00 bis 13:00 Uhr. Email:
Wer einen tollen Abend mit Kultur in der wunderbaren Atmosphäre von Schloss Kobersdorf verbringen möchte, sollte sich „Der Alpenkönig und der Menschenfeind“ nicht entgehen lassen.
Mein Tipp: Einfach von Wien früher wegfahren (Fahrtzeit nach Kobersdorf rund eine Stunde), die neu renovierte Synagoge vis à vis vom Schloss besichtigen und sich im Burggraben noch ein Grammelpogatscherl (oder ein anderes Schmankerl) und ein Gläschen vom Festspielwein gönnen.
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