Eine Ausstellung im Lentos im Rahmen der Programmreihe „Macht und Tradition“ der Kulturhauptstadt Bad Ischl Salzkammergut 2024.
Linz und das Salzkammergut standen während des Zweiten Weltkrieges wie kaum eine andere Region in Österreich als Umschlagplatz für Raubkunst, aber auch als Bergungsorte im Blickpunkt.
Linz war zur Kulturhauptstadt vom Führer auserkoren worden, hier sollte sein Führermuseum gebaut werden sollte. Lentos Gründer Wolfgang Gurlitt, war maßgeblich am Kunsthandel im Nationalsozialismus beteiligt, obwohl seine Partnerin Lilly Christiansen-Agoston Jüdin war und im Salzkammergut fanden geraubte, gekaufte, enteignete Kunstwerke ebenso wie wertvolle Bilder und Skulpturen der wichtigsten Museen aus Wien in den Stollen Herberge vor den heranrollenden Bombardierungen.
Es gibt aber auch eine andere Seite der Medaille: Die Geschichte der beherzten Frauen und Männer in der Region, die versuchten all diese Schätze zu retten. Die sich dem Befehl der Vernichtung derselben widersetzten.
Im Lentos Linz beleuchtet eine Ausstellung nun die Wege einiger dieser Bilder und zeigt damit exemplarisch auf, woher sie kamen, wie sie erworben wurden und was schließlich weiter mit ihnen passierte.
Es ist ein großer Raum, der all diese Geschichten in sich aufnimmt. Alle Bilder werden in Petersburger Hängung präsentiert, wie uns eine Kuratorin schildert. Einer Präsentationsart, der Hitler wahrscheinlich nie zugestimmt hätte. Ihm war diese enge Hängung ein Greuel.
Die Mitte des Raumes
In der Mitte des großen Raumes findet man eine Installation der deutschen Künstlerin Henike Naumann aus dem Jahre 2019. Die Darstellung überrascht beim Eintreten.
Naumann präsentiert in ihrer Installation "Ruinenwert" ein deutsches Wohnzimmer und zeigt damit eine repräsentative und von Macht und Ideologie beeinflusste räumliche Figuration. Ein Raum zwischen intimer Gemütlichkeit und ästhetisch politischer Inszenierung für Staatsbesuche und Gäste.
Für mich war es wichtig diesen Zusammenhang erklärt zu bekommen, denn die Einrichtung unterscheidet sich wahrscheinlich auch heute noch nicht sehr von vielen Privaträumlichkeiten in Österreich und ist - für mich - auch heute noch ähnlich in einigen Möbelkatalogen vertreten.
Doch nun zu den Bildern, die in der Ausstellung gezeigt werden
Eigentlich beginnt die Ausstellung mit einer historischen Kopie des Genter Altars. 1919 mussten die Bildtafelns des Altars auf Grund des Vertrages von Versailles an Belgien als Kompensation für Kriegsschäden an belgischem Kulturgut übergeben werden, was von Deutschland allerdings als Kunstraub gewertet wurde.
Nach dem Einmarsch der Deutschen 1940 in Belgien ließ Hitler die Tafeln sofort nach Neuschwanstein bringen. Von dort wurden sie dann 1944 zum Schutz ins Ausseer Bergwerk gebracht.
Zentraler Fokus der Ausstellung liegt jedoch auf dem, von Hitler für Linz geplanten Führermuseum und dem "Sonderauftrag Linz". Hitler "sammelte" nicht nur für sein Führermuseum aus ganz Europa Kunstwerke, sondern die "beschlagnahmte" Kunst sollte auf mehrere Museen in Österreich und Deutschland verteilt werden. Mit dem "Führervorbehalt" schuf er ein System, das sicherstellte, dass er oder seine Vertrauensleute des Sonderauftrags sich bevorzugt an den beschlagnahmten oder sichergestellten Kunstwerken bedienen konnten.
In der Ausstellung kommt aber auch der "Kunstgeschmack" Hitlers zum Ausdruck. So fühlte er sich besonders jenen Künstlern verbunden, die wie er von der Akademie abgelehnt worden waren und daher seiner Meinung nach vom jüdischen Kunsthandel verschmäht und ungerecht behandelt wurden.
Seine Wertschätzung traf auch auf die Bilder der Münchner Galerie Schack zu, die ebenfalls im Bergwerksstollen Altaussee auf Befehl Hitlers eingelagert wurden und später Teil der Bayrischen Staatsgemäldesammlungen wurden. Auf der rechten Seite des Ausstellungsraumes sieht man einige Werke aus dieser Sammlung. Darunter Bilder von Arnold Böcklin, Ferdinand Georg Waldmüller, Anselm Feuerbach, Antonis van Dyck, Carl Spitzweg und Moritz von Schwind.
Auf der hinteren Wand finden sich wiederum Gemälde, die geraubt wurden, aber später ihren BesitzerInnen wieder zurückerstattet wurden, ebenso wie Werke, die nach wie vor im Zentrum der Provenienzforschung stehen. Die 10 Gemälde gelten als Beispiele für die Irrfahrten, die viele der Kunstwerke hinter sich gebracht haben.
Sie wurden bereits vor 1945 von einem österreichischen Bergungsdepot zum nächsten gebracht und gelangten über Umwege in den Besitz der oberösterreichischen Landesmuseen, wo sie zwar am "Collecting Point München" lange zur Rückstellung bereitstanden, aber dann doch in Linz verblieben. Es dauerte bis Anfand der 2000er Jahre bis man den Versuch unternahm ihre Herkunft zu klären. Ein Gemälde wurde restituiert, für mehrere Werke konnte die Provenienz geklärt werden, bei einigen kann ein Raubkunstverdacht nicht ganz ausgeschlossen werden.
Ein zusätzlicher kleiner Raum widmet sich einer ganz besonderen Geschichte, die mit Wolfgang Gurlitt und Johannes Hinrichsen, den Kunsthändlern des Salzkammergutes zusammenhängt. Im Mittelpunkt steht hier eine der bekanntesten Restitutionen des Lentos Kunstmuseums.
Ende des Krieges besaß Gurlitt das Klimtgemälde Frauenbildnis (Ria Munk III), das durch einen Ankauf durch die Stadt Linz 1956 in deren Besitz kam. Dieses Bild wurde, nachdem es sowohl in der Neuen Galerie der Stadt Linz als auch im Lentos ausgestellt war, 2009 restituiert. In der Ausstellung ist der Original-Rahmen und einige Reproduktionen der Munk-Varianten zu sehen und man kann sich über die Geschichte der Familie Munk informieren.
Die nächste Wand zeigt uns ein großes Bild einer der Stollen in denen nicht nur die Raubkunstwerke, sondern auch die Kunstwerke der Wiener Museen eingelagert waren. Im Zuge der Geheimaktion "Berg" wurden in einem - heute nicht mehr zugänglichen Stollen des Salzbergwerkes von Laufen bei Bad Ischl 1.428 Gemälde in 1.000 Kisten eingelagert. Einige der Bilder werden dafür exemplarisch präsentiert, darunter auch Arbeiten "entarteter" Künstler wie Munch oder Corinth.
Mehrere Tafeln zwischen den Bildern bilden ihre Reise geographisch ab und an den Monitoren sind Videos zu den Originalschauplätzen zu sehen.
Obwohl es „nur“ ein Raum im Lentos ist, der diese Ausstellung beheimatet, gilt es in der Exposition „Die Reise der Bilder" über 80 Gemälde und Objekte, die während der Kriegsjahre im Salzkammergut gesammelt, gelagert, geborgen und gerettet wurden, zu betrachten. Darunter finden sich Meisterwerke vom 8. bis ins 20. Jahrhundert: Böcklin, Goya, Munch, Liebermann, Tizian um nur einige zu nennen.
Zur Ausstellung erscheint auch ein 368 Seiten starker Katalog, der unter anderem 20 wissenschaftliche Aufsätze von 17 Zeithistorikerinnen beinhaltet.
Die Reise der Bilder ist allerdings auch nur ein "Drittel" des Reigens zu diesem Thema, bei dem das Lentos mit der Kulturhauptstadt Salzkammergut Bad Ischl kooperiert.
Eine weitere Ausstellung beleuchtet das Leben des Sammlers und Berliner Kunsthändlers Wolfgang Gurlitt und seiner Partnerin Lilly Christiansen-Agoston in den Räumen des Kammerhofmuseums in Bad Aussee ab dem 28.3.2024.
Im Alten Marktrichterhaus in Lauffen bei Bad Ischl präsentiert die Ausstellung "Das Leben der Dinge" zeitgenössische künstlerische Positionen zum Schicksal von Kunstwerken und Artefakten zwischen Raub, Verschleppung, Restitution und Rekonstruktion.
Für alle drei Ausstellungen gibt es ein All-Inclusive Ticket um 35 Euro, das Eintritt zu allen drei Ausstellungen in Linz, Bad Aussee und Lauffen ermöglicht und sogar den Eintritt in die Salzwelten in Akltaussee inkludiert hat.
Es soll auch nicht unerwähnt bleiben, dass zur Ausstellung öffentliche Führungen und Kuratorinnenführungen, sowie einige andere Programmpunkte angeboten werden. Bitte informiert euch darüber bei Interesse auf der Lentos Website www.lentos.at
Das Lentos Kunstmuseum ist Dienstag bis Sonntag von 10:00 bis 18:00 Uhr, Donnerstag 10:00 bis 20:00 Uhr. Montag ist das Museum geschlossen.
20.3.-8.9.2024 Die Reise der Bilder
Hitlers Kulturpolitik, Kunsthandel und Einlagerungen in der NS-Zeit im Salzkammergut
Lentos Kunstmuseum Linz
4020 Linz, Ernst-Koref-Promenade 1
Tel: +43 732 7070 3600
Email:
www.lentos.at
Mehr über die Aktivitäten der Kulturhauptstadt Bad Ischl - Salzkammergut 2024 erfährt ihr hier: www.salzkammergut-2024.at
Welche Veranstaltungen wir bereits besucht haben oder spannend finden, kommt ihr hier unter dem Tag "Kulturhauptstadt 2024" nachlesen: https://ask-enrico.com/index.php/reise-stories
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