Kaum mehr als 10 km von Olmütz entfernt, liegt Příkazy, eine kleine Stadt an deren Rand sich das Haná-Freilichtmuseum befindet.
Für alle Trachtenfans ist ein Besuch des Museums wohl Pflicht, immerhin gelten die Trachten der Haná als besonders schön. Aber auch alle, die gerne mehr über alte Bräuche und Traditionen erfahren möchten, sind hier richtig.
Und wer auch noch vor Weihnachten dem Museum an bestimmten Tagen einen Besuch abstattet, bekommt noch Kekse zu kosten und das eine oder andere Rezept mit auf den Weg.
Hanna oder Haná wird eine ungefähr 1550 km2 große Fläche um die Stadt Olmütz genannt, die von den Flüssen Haná und March durchzogen wird. Die Einwohner, Hannaken genannt, gehörten in der Vergangenheit zu den reicheren Bewohnern Tschechiens, die Ebene war sehr fruchtbar, der Ernteertrag gut.
Das zeigt sich bis heute in den wunderschönen Trachten, die bis heute gerne zu besonderen Festtagen angelegt werden und auch im Freilichtmuseum zu besonderen Tagen gezeigt und erklärt werden.
Bei unserem Besuch blieb mir doch der Mund vor Staunen offen, als ich die Preise hörte: So wird eine der Trachten für über 7000 Euro bepreist, allein die Schuhe stehen mit 300 Euro zu Buche.
Aber der Reihe nach. Es ist bitter kalt als wir in Příkazy eintreffen und auch der einheimische Fahrer findet das Freilichtmuseum nicht auf Anhieb.
Es ist ein traditionell eingerichteter Haná Bauernhof, der sich von außen nicht besonders von den anderen Gebäuden der Straße unterscheidet.
Wenn man durch das Tor in den Innenhof tritt, kann man auch noch die weiteren Scheunen und den angrenzenden Garten erkennen. Hier ist alles im Moment tief verschneit, aber ab dem Frühjahr ist es sicher auch schön diesen Teil zu besichtigen.
Alle Gebäude hier auf dem Gelände gelten als unbewegliche Kulturgüter, sind besonders geschützt und im Inneren wartet die interessante Einrichtung auf die Besucher, die aus unterschiedlichen Zeiten (von 1799 bis 1950) stammt.
Da es bereits hervorragend duftet, sind wir gleich alle in die „Backstube“ zum Aufwärmen gegangen. Hier ist man schon fleißig am Werken und hat auch schon einige Kekse und Lebkuchen zum Kosten bereit. Hmmmm, schmeckt. Im Laufe des Tages wird es hier verschiedene Workshops geben, bei denen Interessierte, aber auch Kinder lernen können, wie man bäckt, verziert und noch einiges mehr.
Wir gehen weiter in die gute Stube und werden von einer gut gelaunten Hanakin in voller Tracht begrüßt, die uns einiges über die Bräuche erzählt. Besonders beeindruckt hat mich nicht nur der Wert der Tracht (siehe oben) sondern auch die Halskrause ihrer Tracht. Damit wollte man in Haná anscheinend auch ein bisschen angeben und zeigen, dass man fast so reich (oder reicher?) wie der Adel war.
Die Bräuche
Barbarazweigerl
Einige Bräuche sind mir bekannt: z.B. das Schneiden der Barbarazweigerl am 4. Dezember. Die Interpretation ist allerdings – zu mindestens in meiner Familie verschieden.
Während es bei mir zuhause immer hieß, dass das Aufblühen der Zweige einfach Glück im nächsten Jahr bedeute, ist man in der Haná um einiges konkreter: Hier wurden die Zweige jungen, unverheirateten Mädchen zur Pflege und dem täglichen Wasserwechsel übergeben. Blüten die Zweige am Weihnachtsabend war das ein Zeichen für ihre Heirat im kommenden Jahr.
Schiffchen
Ein weiterer Brauch wird hier in der Adventzeit ebenfalls angewandt, um zu erfahren was man das nächste Jahr zu erwarten hat. Walnüsse werden in zwei Hälften geteilt, die Nuss gegessen und die Schalen als Schiffchen verwendet, in die eine Kerze gestellt wird.
Geht das Schiffchen unter bedeutet das nichts Gutes für das nächste Jahr, bleibt es auf der Stelle, bleibt auch alles im Haus so wie es war, schwimmt es allerdings in eine Richtung davon (egal in welche), muss man sich auf Veränderungen einstellen.
Die Kette
Im Raum stand auch ein gedeckter Tisch, um den am Boden eine Kette gelegt war. Ich hatte sie zuerst eigentlich nicht besonders zur Kenntnis genommen, aber auch diese Kette hat eine ganz bestimmte Bedeutung. Damit sollte Hab und Gut im Haus auch im kommenden Jahr zusammengehalten werden.
Ich schaue mich ein wenig um und bin baff: In der Nähe des Hergottswinkels hängen Bilder der Mutter Gottes und des Heilands, die jenen meiner Großmutter 1:1 ähnlich schauen.
Hier sind sie allerdings kleiner und leider scheint bei uns das Christus Bild abhanden gekommen oder kaputt geworden sein. Es sind Glasbilder, daher auch sehr leicht zerbrechlich. Ich höre gespannt, dass diese Bilder immer von einer Wallfahrtskirche stammen und bin gespannt, ob ich zuhause noch einmal herausfinden kann, woher zumindest unsere Maria stammt.
Nachdem mir noch die Weissagung des Schiffchens prophezeit, dass Veränderungen ins Haus stehen, stapfe ich noch ein wenig im Schnee im Garten herum, probiere noch ein Plätzchen und schon ist der Besuch wieder vorbei.
Das Haná-Freilichtmuseum und den Bauernhof kann man entweder individuell oder mit Führung besuchen. Die Öffnungszeiten und Preise findet ihr unter https://www.nmvp.cz/de/prikazy. Auf der Website sind auch die verschiedenen Veranstaltungen angegeben, wie eben im Advent, zu Ostern oder anderen Ereignissen im Jahreskreis. Bei diesen wird ein Besuch natürlich noch einmal so schön.
Haná Freilichtmuseum
783 33 Příkazy, Příkazy 54
Tel: +420 585 967 310
Email:
https://www.nmvp.cz/de/prikazy
Der Besuch erfolgte im Rahmen einer Pressereise auf Einladung von Czech Tourism Wien, mit freundlicher Unterstützung der Stadt Olmütz und der Tourismuszentrale der Olmützer Region