Es war schon in die Jahre gekommen, unser Hort der Demokratie. Doch nun, nach gründlicher Renovierung erstrahlt es nun im neuen, alten Glanz.
Fünf Jahre lang waren unsere Parlamentarier im Ersatzquartier in den Redoutensälen in der Hofburg untergebracht, nun sind sie wieder zurück und man kann nur hoffen, dass die Umbauarbeiten im Hohen Haus, wie auch vom Architektenteam gewünscht, dazu beitragen werden, dass die Kampfarena wieder zu einem Ort der gesitteten Diskussionskultur auf Augenhöhe wird.
Das Gebäude wurde 1874 bis 1884 nah den Plänen von Theophil Hansen errichtet und sollte an das antike Griechenland als „Wiege der Demokratie“ erinnern: Die Rossbändiger auf den Auffahrtsrampen mahnen die Leidenschaft zu zügeln, die Figuren griechischer und römischer Historiker zur geschichtlichen Verantwortung, Siegeswagen und Statuen antiker Staatsmänner und Gelehrter am Dach symbolisieren den Sieg durch Weisheit.
Vor dem Parlament soll Pallas Athene, die Göttin der Weisheit, die Geschicke im Gebäude in die richtige Richtung lenken. Manchmal versagt sie allerdings. Vielleicht ist dieses „Versagen“ dem Umstand geschuldet, dass Theophil Hansen ursprünglich den Monumentalbrunnen mit einer allegorischen Darstellung der Austria, einer Versinnbildlichung Österreichs, zieren wollte. Allerdings sprachen die starken nationalen Strömungen seiner Zeit gegen dieses Vorhaben.
So wurde die 5,5 Meter hohe Statue der griechischen Göttin erst nach seinem Tod 1902 durch den Bildhauer Carl Kundmann verwirklicht. Jetzt wurde die Pallas Athene, ebenso wie die Allegorien „Vollzug der Gesetze“ und Gesetzgebung, wie auch die symbolisierten Hauptflüsse der k.k. Monarchie Inn, Donau, Moldau und Elbe wieder auf Hochglanz gebracht.
Die größten Veränderungen fanden allerdings im Gebäude statt.
Ich muss ja gestehen, dass ich das Parlament vor seiner Renovierung noch nicht von innen gesehen hatte. Dennoch war ich sehr erfreut, einen Tag nach der offiziellen Eröffnung am 12.1.2023 mit einigen Kollegen einen Rundgang durch das Haus machen zu können.
Es ist später Nachmittag und das Gebäude erstrahlt bereits im neuen Glanz. Der Brunnen mit der Pallas Athene ist noch zugedeckt, im Jänner wäre es zu kalt und daher zu gefährlich ihn schon sprudeln zu lassen. Da wir noch vor der Eröffnung an einer Hausführung teilnehmen können, werden wir nicht durch den Haupteingang, sondern durch einen Wirtschaftseingang ins Haus geführt.
Beeindruckende Zahlen erfahren wir gleich zu Beginn vom Sprecher der Parlamentsdirektion Rudolf Gollia: 55.000m2 Grundfläche wurden erneuert, die Nutzfläche um rund 10.000m2 erweitert, 740 Fenster, 600 historische Türen und 500 Leuchter behutsam in die heutige Zeit angepasst. Beeindruckend auch die neue 550m2 große Glaskuppel mit ihren 28 Metern Durchmesser, die nun Tageslicht in den Nationalratssaal bringt.
Für die Führungen gilt für jedermann: Sie sind öffentlich, kostenlos, bedürfen aber einer Anmeldung auf der Website des Parlaments: https://www.parlament.gv.at/erleben/fuehrungen/index.html. Nach der Anmeldung erhält man einen QR-Code zugesandt, den man zum Führungstermin mit einem Lichtbildausweis mitnehmen muss. Ins Haus gelangt man dann durch eine Sicherheitsschleuse wie am Flughafen.
Man startet im sogenannten Demokratikum, in dem man auf insgesamt 1.500m2 und 27 interaktiven Medienstationen erfahren kann, wie parlamentarische Demokratie funktioniert, aber auch wie sie sich im Laufe der Geschichte entwickelt hat. Ein interaktiver Medientisch mit zahlreichen audiovisuellen Quellen bringt die österreichische Geschichte ab 1848 näher.
Im Forum erfährt man mehr über die Beteiligungsmöglichkeiten der BürgerInnen, wie Gesetzgebung funktioniert, was Gewaltenteilung ist und welche Kontrollmöglichkeiten dem Parlament zur Verfügung stehen. Bei einem Quiz kann man dann gleich sein Wissen testen.
Im Auditorium wird gezeigt wie wichtig die Medien als 4. Gewalt des Staates sind und wie sie mit Öffentlichkeit und Demokratie zusammenspielen. Auch der Medienwandel, der durch die sozialen Medien ausgelöst wurde, wird hier thematisiert.
Im Moment sind hier zwei Fotoausstellungen zu sehen, die die Gewinnerfotos des jährlich verliehenen Global Peace Photo Award zeigen, sowie Pressefotos vergangener Jahrzehnte.
Da dieser Saal auch für Pressekonferenzen und Veranstaltungen genutzt werden kann, ist es möglich, dass man ihn während einer Führung eventuell nicht besichtigen kann.
In der Passage kann man das Haus anhand eines 3D-Modells kennenlernen und im gegenüberliegenden Parlamentsshop ein Andenken an seinen Besuch mitnehmen.
Mit dem Umbau wurden auch zusätzliche Räumlichkeiten für Ausschusssitzungen und Untersuchungsausschüsse mit allen technischen Möglichkeiten geschaffen. Für besondere Ausschüsse (Staatssicherheit) gibt es sogar abhörsichere Räume.
Beeindruckend die alten und neuen Stiegenaufgänge, wobei ich gestehen muss, dass ich es sehr geschätzt habe, dass wir einen „Ortskundigen“ dabeihatten. Ich hätte mich wahrscheinlich hoffnungslos verlaufen. Wer weiß, wo ich gelandet wäre …
Schließlich kommen wir in den Sitzungssaal des Nationalrats. Wenn auch der alte „Flair“ größtenteils erhalten blieb, sind nun die Sitzplätze mit allen technischen Anschlüssen und Notwendigkeiten ausgestattet. Außerdem können die Plätze nun flexibel verstellt und die Gänge versetzt werden. Damit kann die Sitzordnung nun nach Wahlen besser angepasst werden.
Auch der 650 kg schwere Adler aus getriebenen Stahlblech von Rudolf Hoflehner, der in einer Schlosserei in Oberösterreich gereinigt und repariert wurde, ist wieder zurück an seinem Platz.
Über die Treppe (oder mit dem Aufzug) geht es bis fast unter die neue Glaskuppel, von wo aus man in den Sitzungssaal blicken kann und auch die Sitzungen m
Bevor wir noch einen Sprung ins Kelsen – das neue Restaurant im Parlament, das ebenfalls nach einer Anmeldung öffentlich zugänglich ist – machen, in dem noch fleißig gearbeitet wird, dürfen wir noch bei einem Sprung auf die Terrasse die wunderbare Aussicht von hoch oben genießen.
Dann geht es wieder nach unten in den historischen Sitzungssaal des Abgeordnetenhauses und jetzigen Bundesversammlungssaal. Er wird genützt, wenn National- und Bundesrat zusammentagen und bei besonderen Anlässen. Wow! Wunderschön! Dagegen wirkt – sorry to say – der Nationalratssaal, auch mit gläserner Kuppel – billig.
Auch der Sitzungssaal des Bundesrats, den wir danach besuchen, ist wunderschön. Allein die Luster sind traumhaft. Unbedingt ansehen.
Schließlich kommen wir noch zum ominösen 3000 Euro Monatsmiete-Klavier, der im Empfangssalon des Parlaments aufgestellt wurde. Um ehrlich zu sein: im geschlossenen Zustand sieht man ihm nicht seinen Wert an, ob er musikalisch hörbar ist, kann ich nicht beurteilen. Doch das ist nicht das einzige, das mich hier stört.
Obwohl ich moderner Kunst durchaus zugetan bin, und z.B. die Spiegel- Hängeskulpturen von Eva Schlegel „extension of public space“ im Vestibül, die sich bis ins Rooftop-Restaurant Kelsen durch“schlängeln“ ausgesprochen schön und passend, die vier Gemälde von Heimo Zobernig sind in diesem Salon meiner Meinung nach absolut unpassend.
Warum musste man damit die schöne Wandgestaltung verbergen? Für mich ist das ein Zuviel der Interferenz. Kein Problem mit den Gemälden an sich – in diesem Raum aber? Nein, wirklich nicht.
Am Ende der Ausstellung erwartet uns noch ein letztes Highlight: Die Säulenhalle. Sie sollte im Konzept von Hansen die räumliche Trennung der beiden Häuser (des damaligen Abgeordnetenhaus und des Herrenhauses) bewirken, aber auch gleich das architektonische Bindeglied der einzelnen Baukörper sein.
Nehmt euch Zeit und lasst den Raum auf euch wirken. Wenn möglich, schaut auch in die einzelnen Räume die links und rechts „abzweigen“. Auch hier sind ein paar wunderschöne Säle und Salons dabei.
Damit ist unser Rundgang beendet, aber ich denke, ich komme wieder, um alles noch einmal an den interaktiven Tischen auszuprobieren und auch die Gemälde ganz in Ruhe zu betrachten.
Mein Tipp: Unbedingt besuchen. Außerdem sollten wir ja – als Bürgerinnen und Bürger – auch kontrollieren, ob wieder Respekt, Achtung vor dem anderen und eine verbesserte Diskussionskultur Einzug im renovierten Haus Einzug gehalten haben. Zu wünschen wäre es …
Parlament Österreich
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