Anika Suck: Was danach kommt
Eine kleine Unachtsamkeit, eine Ablenkung – und das Leben kann komplett aus den Fugen geraten …
Karmen ist auf ihren Weg zu ihrem Arbeitsplatz im Kindergarten spät dran. Es staut sich, keine Parkplätze in Sicht und dann ruft auch noch ihre Mutter an, um ihr mitzuteilen, dass eine alte Freundin eine Krebsdiagnose bekommen hat. Stört sie? Nein! Eine Alltagssituation, die jeder von uns schon erlebt hat.
Doch dann ist es passiert. Ein Augenblick der Unachtsamkeit und Karmen übersieht das Kind, das gerade auf die Straße läuft – und überfährt es. Zuerst ist es nur ein Knall, erst kurze Zeit realisiert sie: Ich habe ein Kind totgefahren.
Der Roman von Anika Suck beschäftigt sich auf eindringliche Weise mit der Zeit danach. Der Schuld, mit der Karmen nun leben muss und wie ihre Leben plötzlich umgekrempelt wird. Wie sich Medien (es ist Sommerzeit und damit das große Sommerloch in der Berichterstattung) sich ihrem Fall annehmen, in ihrem Privatleben herumstochern, sie als Kindermörderin titulieren. Wie Social Media plötzlich nicht mehr „sozial“ erscheint. Wie sich herausstellt, dass auch Freundinnen sie nicht verstehen, dass ihre Chefin sie anscheinend immer schon am „Kieker“ hatte. Wie aus ihrem Lebenslauf plötzlich ein asoziales Verhalten herausgeschält wird.
Als LeserIn entwickelt man mehr und mehr Mitleid mit ihrer Person: es war nur ein Moment der Unachtsamkeit – allerdings mit grausamen Folgen.
Wird Karmen je wieder ins „normale“ Leben zurückfinden? Wird sie abrutschen? Wird sie FreundInnen finden, die zu ihr stehen und wie wird ihr zukünftiges Verhältnis zu ihrer Mutter aussehen? Wird sie je wieder mit dieser Schuld leben können?
Allein diese Fragen machen es spannend, das Buch zu lesen. Und ein bisschen schaudert es einem dabei, hautnah mitzuerleben, wie eine kleine Unachtsamkeit das ganze Leben umkrempeln kann. Und wer von uns hat nicht schon einmal festgestellt, unachtsam gewesen zu sein?