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Catalin Dorian Florescu: Jacob beschließt zu lieben

Dieses Buch passt vielleicht nicht ganz in meine Reihe der Buchbesprechungen, handelt die Geschichte doch die meiste Zeit im Banat - das größtenteils im heutigen Rumänien liegt - um die Gegend von Temesvar.

Catalin Dorian Florescu: Jacob beschließt zu lieben
Catalin Dorian Florescu
Jacob beschließt zu lieben
978 3 406 61267 1
C.H. Beck
https://www.beck-shop.de

Und dennoch zeigt auch dieser Roman wieder, wie verbunden und verschachtelt wir doch alle in Mitteleuropa sind …

Ich bin nicht ganz der Meinung von Elke Heidenreich, die folgendes in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung schrieb: „.. Es ist ein wirkliches Buch der Liebe geworden…“ (Auszugsweise vom Bucheinband zitiert). Von Liebe wird sehr wenig erzählt, von der Liebe zu Menschen noch weniger - daher halte ich den Titel auch für ein wenig irreführend. Liebe zur Erde, zu Pferden, ja vielleicht sogar zu seinem Land, seiner Volksgruppe: darüber kann man einiges lesen.

Trotzdem ist das Buch empfehlens- und lesenswert. Zum einen, weil der Autor es sehr gut versteht, die Hauptgeschichte (das Leben von Jacob) mit dessen Familiengeschichte zu verweben, und zweitens weil er es dadurch schafft,, die Geschichte der verschiedensten Epochen dem Leser näher zu bringen.

Florescu ist in seiner Ausdruckweise schonungslos und genau, er beschreibt die Brutalität der handelnden Figuren und das Leid, das dadurch ausgelöst wird, derartig gut, dass man den Schmerz (mag er seelisch oder körperlich sein) fast am eigenen Körper zu spüren scheint. Auch die  Ausweglosigkeit, mag sie durch eigene Handlungen oder durch politische Umstürze ausgelöst sein, macht persönlich betroffen. Man leidet mit und manchmal schaudert es den Leser bei den Beschreibungen von Leid und Brutalität.

Gleichzeitig hat man häufig Schwierigkeiten die Handlungen zu verurteilen, scheinen sie doch meistens aus den äußeren Umständen und der damaligen Zeit geboren zu sein, und für die damalige Zeit notwendig, um überleben zu können.

Natürlich handelt das Buch auch von Liebe. Der Liebe der Mutter zu ihrem Jungen, den sie aber kaum in Schutz nehmen kann, da sie den Vater, der den anfänglichen Schwächling ablehnt, fürchtet. Seine erste Liebe, die ermordet wird. Eine Zigeunerin, die ihm durch ihre Kräuterkunst heilt und ihn dann doch verrät um ihren Sohn (seinen Halbbruder) zu retten. Auch begegnet er immer wieder Menschen, die ihn schützen, vor dem Tod bewahren. Die meisten allerdings aus wohl überlegten, eher egoistischen Gründen.

Ob man es wirklich Liebe nennen kann, dass er zum Schluss mit seinem Vater – der ihn zweimal verrät und damit in Lebensgefahr bringt – zu neuen Ufern aufbrechen muss, glaube ich nicht. Es ist mehr Vergebung, Akzeptieren der nächsten, vielleicht letzten, ausweglosen Situation. Ob und wie beide diese Situation bewältigen, bleibt offen – sie sind wieder am Anfang angelangt, wie ihre Großväter und Ururgroßväter ….


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