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Das ist ein Lokaltipp ganz besonderer Art. Ein Besuch im Wiener Prater ohne im Schweizerhaus vorbeizuschauen, ein Krügerl Budweiser zu trinken und sich an einer Stelze zu laben, ist nur die Hälfte Wert.

Mit der Schweiz hat das Lokal eigentlich gar nichts zu tun, - es ist eine Wiener Institution, die man besucht haben muss.

Gegrillte Stelzen (Schweinshaxe), Budweiser Budvar Bier aus dem Fass, gesalzener Radi (weißer Rettich) in Scheiben geschnitten, sind nur einige der Hausspezialitäten.

Ein Krügerl vom Budweiser - ein Gedicht im heißen Sommer (Foto © Redtenbacher, Schweizerhaus)
Ein Krügerl vom Budweiser - ein Gedicht im heißen Sommer (Foto © Redtenbacher, Schweizerhaus)

Das Schweizerhaus blickt auf eine lange Tradition zurück: Überlieferungen zufolge existierte das Lokal bereits vor 1766. Wahrscheinlich stammt der Name aus dieser Zeit. Der Prater war damals noch nicht für das „gemeine Volk“ geöffnet und in der „Schweizer Hütte“ bewirteten die Schweizer Jagdtreiber die kaiserlichen Herrschaften. Um 1800 stand hier das Gasthaus „Zur Tabakspfeife“, damals ein Treffpunkt für Raucher, da das Rauchen in dieser Zeit in der „guten Gesellschaft“ verboten war. Doch die Umbenennungen der Wirtschaft gingen weiter: 1814 – während der Zeit des Wiener Kongresses wurde es „Zum russischen Kaiser“ umbenannt und 1868 als „Schweizer Meierei“ eröffnet – der Name Schweizerhaus entstand erst später.

Eine Stelze aus dem Schweizerhaus - muss man probiert haben (Foto © Tesarek, Schweizerhaus)
Eine Stelze aus dem Schweizerhaus - muss man probiert haben (Foto © Tesarek, Schweizerhaus)

Bier – eigentlich nicht so sehr das Leibgetränk der Wiener, die sich normalerweise eher am Wein gütlich tun, stand ab nun im Mittelpunkt des Angebots. 1907 bis 1920 wurde die Gaststätte von Jan Gabriel geführt und schon damals berichtete das „Wiener Extrablatt“: Das bürgerliche Pilsner, das Gabriel seinen Gästen vorsetzt, ist eine Wiener Specialität geworden. Es ist ein Lebenselixier, ein Heiltrunk, der jedem neuen Muth und neue Kraft verleiht. Auch die Küche ist im Schweizer Haus vorzüglich und so kann man nicht nur gut trinken, sondern auch gut essen, und dafür hat man in Wien immer noch ein Verständnis.“*

Unter den Kastanienbäumen genießen (Foto © Redtenbacher, Schweizerhaus)
Unter den Kastanienbäumen genießen (Foto © Redtenbacher, Schweizerhaus)

So blieb es auch als 1920 Karl Kolarik das Schweizerhaus mit 19 Jahren übernahm. Bald folgte die erste Überraschung: der innovative Inhaber eröffnete 1924 die „Erste Wiener Fischbraterei“. Seefische waren zur damaligen Zeit in Österreich wenig bekannt und bereits hier zeigte sich sein Gespür für den Gast.

1926 reiste er nach Böhmen und machte dort die Bekanntschaft mit dem Budweiser Bier. Spontan kaufte er einen ganzen Wagen und brachte das Budweiser nach Wien, wo es damals wie heute noch immer reißenden Absatz findet.

Auch das Bier richtig zu zapfen ist eine Kunst (Foto © Redtenbacher, Schweizerhaus)
Auch das Bier richtig zu zapfen ist eine Kunst (Foto © Redtenbacher, Schweizerhaus)

Kolarik war gelernter Fleischer und Selcher: er errichtete eine Wurstselcherei, eine Kukuruz-Rösterei (Maiskolben) und erfand die Rohscheiben - heute in der ganzen Welt als Kartoffelchips bekannt. Weitere Spezialitäten des Speiseangebots waren Kuttelflecksuppe, Kartoffelpuffer, slowakische Krautsuppe, Karpfen und Olmützer Quargel.
In den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges wurde das Schweizerhaus vollkommen zerstört und musste komplett neu aufgebaut werden.

Karl Kolarik wurde auch mit dieser Herausforderung fertig: heute bietet der wunderschöne Biergarten unter den alten Kastanienbäumen vor allem im Sommer einen Platz der Entspannung, Erholung und des kulinarischen Genusses.

Die Krügerl kommen .... (Foto © Tesarek, Schweizerhaus)
Die Krügerl kommen .... (Foto © Tesarek, Schweizerhaus)

Das Schweizerhaus ist zum Synonym für gepflegtes Bier und resche Stelzen geworden. Wieselflinke Kellner bringen auf großen Tabletts die Krügel (1/2 l) mit frisch gezapften Budweiser vorbei und man tut gut daran, sich gleich eines davon auf den Tisch zu ordern. Wünsche nach einem Seidel (kleines Bier), alkoholfreien Bier oder Kracherl (Zitronenlimo) werden zwar auch erfüllt, dauern aber doch um einiges länger und bei Bestellungen eines kleinen Biers kann man schon hin und wieder die Antwort des Kellners: „Meldest Dich halt wieder, wenn Du Durst hast“ erhalten, beides ist nicht böse gemeint und wenn Sie sehen, welche große Anzahl von Gästen betreut wird, können Sie den Mann gleich viel besser verstehen. Schließlich gelten auch die Kellner des Schweizerhauses als Wiener Originale.

... und natürlich auch die Stelzen (Foto © Redtenbacher, Schweizerhaus)
... und natürlich auch die Stelzen (Foto © Redtenbacher, Schweizerhaus)

Nun zum Kulinarischen: noch immer gibt es viele Spezialitäten aus der guten, alten Wiener und damit Tschechisch-Böhmischen Küche, die man sonst wo kaum mehr erhält, wie eine Original Prager Kuttelflecksuppe, eine Slowakische Krautsuppe, eine Waldviertler Saumeise mit Budweiser Bierkraut und Salzerdäpfel (Salzkartoffel), Kleines Gulasch, Serviettenknödel, Leberknödel oder Frittatensuppe.
Natürlich haben sich auch die üblichen „verdächtigen“ internationalen Gerichte eingeschlichen und auch für Kinder ist das Angebot erweitert worden.

Über allem krönt jedoch die Spezialität des Hauses: die Stelze! Es gibt sie in den Größen klein, mittel und groß – hervorragend gegrillt, die Reschheit der Krusten sind einzigartig.

Das Schweizerhaus im Prater
Das Schweizerhaus im Prater

Wiener erzählen sich die Mär, dass Frau Kolarik früher jede einzelne Stelze auf ihre Vollkommenheit in der Küche kontrollierte, bevor sie dem Gast serviert werden durfte. Ob das stimmt oder nicht, ist egal – die Qualität ist wirklich märchenhaft. Als Originalbeilagen wird Senf (scharf und süß) und Kren (geriebener Meerrettich) und Brot oder Salzstangerl serviert. Zusätzlich empfiehlt sich auch vom ausgezeichneten Krautsalat zu kosten. Natürlich können Sie auch andere Beilagen wählen, aber – glauben Sie mir – Original schmeckt es einfach am besten!

Im Schweizerhaus
Im Schweizerhaus

Noch ein Wort zur Größe: Wenn Sie zu zweit sind und nicht gerade sehr ausgehungert ins Schweizerhaus kommen, wird eine „kleine Stelze“ für beide ausreichen. Glauben Sie den Empfehlungen der Kellner. Wir verfolgten bei einem Besuch die Diskussion mit einer japanischen Reisegruppe, die ursprünglich beleidigt waren, dass sich der Kellner weigerte jedem eine „Mittlere“ zu bringen. Trotz großem Hunger und Appetit gelang es ihnen jedoch nicht diese zu zweit komplett zu „vernichten“.

Sollten Sie nur kleinen Hunger und einen Bierdurst verspüren, probieren Sie die Rohscheiben oder den Radi zum Bier – auch diese werden Sie überzeugen.

Das Schweizerhaus im Prater
Das Schweizerhaus im Prater

Kinder sind im Schweizerhaus ebenfalls gerne gesehen – ein kleiner Kinderspielplatz sorgt dafür, dass sie sich nicht langweilen müssen, während ihre Eltern essen oder plaudern und den Nachmittag oder Abend genießen.

Hunde sind ebenfalls willkommen, eigene Schüssel für Wasser können gerne angefordert werden und wenn Sie trotz größten Hunger doch nicht die ganze Portion schaffen, oder den Knochen für ihren Zweibeiner wollen – wird hier noch immer ohne Wimpernzucken Papier zum Einpacken und mit nachhause nehmen gebracht.

Öffnungszeiten: Die Saison läuft von 15. März bis zum 31.Oktober. Während der Saison ist das Schweizerhaus täglich von 11.00 bis 23.00 Uhr geöffnet.

Kreditkarten werden nicht akzeptiert. Ein Bankomat befindet sich gleich links neben dem Eingang. Seit neuestem kann auch online reserviert werden. 

*zitiert nach der Website des Schweizerhauses (www.schweizerhaus.at)


Schweizerhaus im Wiener Prater
1020 Wien
Prater 116
+43 1 728 0152-13 (auch für Reservierungen)
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https://www.schweizerhaus.at

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