Fotoausstellungen haben immer ein besonderes Flair für mich; sie sind Anregung, Freude und Ärger (wieso kann ich das nicht?) zugleich…
Bei einem Besuch in einer Fotoausstellung bin ich immer wieder verblüfft: über die Perspektiven, die FotografInnen an den Tag legen, über die Themen, die sie finden, wie sie oft Alltägliches zu Kunst machen können und über ihre Sichtweise auf Menschen, Landschaft und Tiere.

So ging es mir auch wieder bei der neuen Fotoausstellung von Werken von Jitka Hanzlová, die nun bis 26. Oktober 2025 in der Albertina läuft und wirklich sehenswert ist.

© Jitka Hanzlová Bildrecht Wien 2025
Ich freue mich auch immer, wenn es möglich ist, den Künstler/die Künstlerin persönlich kennen zu lernen. Zu hören, wie sie selbst ihre Werke sehen und was sie sich dabei gedacht haben oder auch nicht.

Dieses Mal hat mich die Person Jitka Hanzlová – neben ihren Fotografien – ebenfalls sehr interessiert. Sie wurde 1958 in der Tschechoslowakei geboren (ist also meine Generation). 1982 floh sie vor dem kommunistischen Regime nach Westdeutschland und entdeckte während der Zeit der Neuorientierung die Fotografie für sich.

Sie studierte Visuelle Kommunikation mit Schwerpunkt Fotografie in Essen, im Ruhrgebiet (einem Landstrich, mit dem ich ebenfalls persönlich verbunden bin) und zählt heute zu den renommiertesten FotografInnen der Gegenwart.
Rokytník und Bohdanka
Nach der Samtenen Revolution und dem Fall des Eisernen Vorhangs kehrt sie immer wieder in ihr Heimatdorf Rokytník zurück und porträtiert dort nicht nur die Menschen, sondern auch die Veränderungen, die der Regimewechsel mit sich bringt.

Auch die Ausdrucksweise oder vielleicht sollte man sagen die Umsetzungsweise ihrer Bilder ändert sich. Von der Schwarz-Weiß-Fotografie kommend, ist die erste Serie aus ihrem Heimatdorf nur zart „eingefärbt“, die Fotos haben einen zarten, fast durchscheinenden Charakter, während ihre spätere Serie Bohdanka, die noch nicht abgeschlossen ist, sich durch kräftigere Farben auszeichnet.
Jitka Hanzlová im Gespräch mit Kurator Walter Moser:
Female
Interessant war für mich auch ihre Serie der Frauenporträts, die sie in verschiedenen Großstädten rund um den Erdball aufgenommen hat.

Es scheint, als ob all diese Frauen gute Bekannte von ihre sind, die extra für sie diese Fotopositionen eingenommen hätten. Doch es sind zufällige Straßenbekanntschaften.
Jitka Hanzlová scheint die Begabung zu besitzen, spielend leicht auf Menschen zugehen und sie für ihre Projekte begeistern zu können.
Hier
Hier nennt sich die Serie in der sich Hanzlová mit ihrer neuen Heimat, Essen und dem Ruhrgebiet, auseinandersetzt, wo sie auch noch heute lebt.

In dieser Werkgruppe geht sie auf den problematischen Eingriff des Menschen in die Natur ein: zu sehen sind Aufnahmen der Landschaft, die während des Zweiten Weltkrieges zerbombt wurde oder die noch die Spuren des Kohleabbaus sichtbar machen. Birkenstämme, die durch die frühere Luftverschmutzung noch schwarze Stämme haben oder Gewässer, die eine giftig scheinende Farbe aufweisen.

Spielgeräte, die im Winter verlassen in der Landschaft stehen. „Hier“ ist mehr als ein Blick nach Essen oder ins Ruhrgebiet.
Zu guter Letzt möchte ich euch noch jene zwei Serien ans Herz legen, die mich am allermeisten begeistert haben. Meiner Meinung nach lohnt es schon allein wegen dieser Fotografien in die Albertina zu kommen.
Forest
Es sind die Bilder aus dem Wald, die mich berührt und fasziniert haben, sind sie doch dunkel, mystisch, geheimnisvoll, zugleich aber auch zart und einladend. Meistens sind die Bilder am frühen Morgen oder am Anbend entstanden.

Wenige Fotos haben mich so beeindruckt wie diese zarten Äste in der Dunkelheit, die förmlich zu leuchten scheinen oder die filigrane Blume, die sich auf einer Lichtung oder einem Tümpel oder einfach in einem Lichtstrahl befindet.

Der Baum, der das erste Licht begrüßt oder die Wiese, die mit der dem Morgengrauen erwacht. Traumhaft. Jedes einzelne Foto begeistert. Man steht davor und entdeckt immer wieder Neues.
Water
In dieser Werkgruppe untersucht Hanzlová die verschiedenen Aggregatzustände des Wassers.

Beeindrucken in einem Raum die verschiedenen Wolkenbilder, die leicht und luftig oder drohend und fast schon aggressiv in ihrer Stimmung – je nach Farbtönung und Bild – daherkommen, sind es in einem anderen Raum die Bilder eines kalbenden Gletschers.

Hanzlová gelang es, die Momente einzufangen, wenn ein Teil eines Gletschers abbricht und ins Wasser stürzt – Chaos. Und genau dieses Chaos gelang ihr bildlich festzuhalten.

Es sind eigenartige Formen und Muster – manchmal wie Edelsteine, die leuchten und manchmal hat man fast den Eindruck, es würde sich im Bild noch etwas bewegen. Einfach toll.
Jitka Hanzlová fotografiert fast nur im Hochformat. Das passt zwar nicht unbedingt in die grafische Gestaltung dieser Website, aber trotz allem ausgezeichnet auch bei den Landschaften. Daher meine Empfehlung: Schaut euch das an …
Die Albertina ist täglich von 10:00 bis 18:00 Uhr geöffnet. Mittwoch und Freitag von 10:00 bis 21:00 Uhr.
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