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Eigentlich ist Ballett nicht so meine Sache, aber ich liebe den Bolero von Maurice Ravel. Daher war es für mich Zeit Neues zu entdecken.

Es war ein Dreierlei, das im Janáček Theater vom Ballett des Národní Divadlo Brno geboten wurde.

Im Janáček Theater
Im Janáček Theater

Unter dem Titel Bolero wurde Walking Mad unter der Choregrafie von Johan Inger aufgeführt, dann folgten Mountain Call (Choregraphie Dan Datcu) und Unanswered Question (Choregraphie von Mário Radačovský).

Anreise:

Außerdem wollte ich ausprobieren, ob es mir zu anstrengend ist, für eine Aufführung nach Brünn mit dem Auto zu fahren oder nicht. Immerhin sind es 150km one way. Die Bahn fällt leider aus, denn der letzte Zug von Brno startet um 21:20 Uhr, bleibt also nur der Flixbus oder das eigene Auto. Da ich im Außenbezirk Floridsdorf, also schon Richtung Brünn wohne, ist es noch kürzer. Trotz eines ziemlichen Staus bei Mikulov (man sollte doch Google vertrauen, wenn er eine Routenänderung vorschlägt) war ich in nicht einmal zwei Stunden in Brünn.

Janáček Theater
Janáček Theater

Hier gibt es gleich beim Janáček-Theater eine Tiefgarage, die neben durchaus leistbaren Preisen auch einen direkten Zugang zum Theater hat. Ich kann mich also in Wien gleich direkt in meine „Theaterkluft“ schmeißen und steige in Brünn trockenen Fußes – egal ob Schnee, Regen oder Kälte – leicht gekleidet aus dem Auto aus und gehe ins Theater. Sehr komfortabel. Die Garage ist auch gut angeschrieben, sie liegt vis à vis vom Haupteingang des Theaters. Die Heimfahrt verlief dann noch schneller – es lohnt sich also für eine Aufführung nach Brno zu fahren. Vielleicht nicht so toll klimatechnisch, aber kulturell auf jeden Fall anzuraten.

Die Aufführung

Wie gesagt, ich bin kein Ballettprofi, aber was ich an diesem Tag geboten bekam hat mir schon sehr gut gefallen. 

Walking Mad

Walking Mad war das erste Stück und dieses wurde gleich zu den Klängen meines geliebten Boleros aufgeführt. Wahrscheinlich gefiel es mir deshalb auch am Besten. 

Blick auf die Bühne
Blick auf die Bühne

Das Bühnenbild ist so einfach und doch komplex wie die Musik selbst: Eine Holzwand beherrscht die Bühne. Sie kann teilen, verbinden, ausschließen, trennen, einsperren, aber auch Auswege anbieten. Man kann auf sie zulaufen und an ihr zerschellen oder eine Türe, einen Ausweg, einen Fluchtweg finden. Sie kann beschützen und verbergen. Sie kann stehen bleiben wie ein Fels oder man kann sie vollständig umlegen und so kann man über sie blicken, auf sie hinaufklettern, auf ihr liegen.

Blick zur Bühne
Blick zur Bühne

Diese Wand ist wie das Leben selbst und die Tänzer drücken mit der Musik, das Leben und unsere Beziehungen untereinander aus. Wunderbar nicht nur die tänzerischen Darbietungen, sondern auch wie – unter anderem – auch mit dem Schatten der Tänzer gespielt wird. Wie diese in den Szenen groß oder klein werden, verschwinden oder die Szene beherrschen. Manchmal hat mich allerdings das „Klatschen“ der Tänzer an der Holzwand ein bisschen gestört.

Überrascht haben mich allerdings zwei Dinge: nach dem Bolero wurde noch ein kurzes Stück von Arvo Pärt angehängt, den Sinn dessen habe ich nicht verstanden. Außerdem habe ich das Orchester vermisst – wenn ich es also richtig mitbekommen habe, sind alle Musikstücke von der „Konserve“.

Mountain Call

Choreograph Dan Datcu startete seine Karriere im Opernballett der Wiener Staatsoper und war früher Solist am Nationaltheater Brünn, er kennt nicht nur das Theater und die Bühne, sondern auch das Corps de Ballet sehr gut. Für Mountain Call kreierte er zu der Musik Balanescu Quartet drei Bilder des menschlichen Lebens: Geburt, Ehe, Leben und Tod. 

Blick zur Bühne
Blick zur Bühne

Datcu schafft größtenteils zur tollen Musik eine wunderbare Umsetzung seiner Themen zu gestalten. Vor allem die Szene des Todes fand ich sehr berührend, aber auch das Leben, das Aufwachen haben mich mitgenommen. Manche Szenen (einige Laufrunden der Darsteller z.B.) haben mich nicht so beeindruckt, aber auch dieser Part des Abends – sowohl Choreographie, Darsteller als auch Musik haben mich überzeugt.

Unanswered Question

Den Abschluss des schönen Ballettabends bildete Unanswered Questions, choreographiert vom Chef des Ballettensembles, Mário Radačovský, persönlich. Zu unterschiedlicher Musik, vom französischen Chanson bis Debussy hinterfragt er Positionen in der Gesellschaft. Was wird als normal empfunden und was nicht?

Im Janáček Theater
Unanswered Questions

Oft ist vom Recht die Rede, selten von der Verantwortung oder auf wessen Kosten das Recht des Einzelnen gehen kann und wird. Radačovský setzt sich mit unterschiedlichen sexuellen Positionierungen auseinander, aber nicht nur. Durch die unterschiedlichen Musikstücke zerfällt Unansered Question ein wenig in seine Einzelteile, auf der anderen Seite werden dadurch aber auch die einzelnen, unterschiedlichen Positionen klar. Ballett kann auch nachdenklich machen.

Unanswered Questions
Unanswered Questions

Das Brünner Publikum jedenfalls war ebenso wie ich begeistert und feierte ihr Corps de Ballet und die Choreographen der drei Stücke stürmisch. Für mich war es auf jeden Fall wieder ein geglückter Kulturabend und nach Beethoven (was mir auch sehr gut gefallen hat) wieder einmal ein Ballettabend in Brünn. Mit der Erkenntnis: Brünn ist ganz nah – ich komme wieder ….

Detail des Plakatentwurfs
Detail des Plakatentwurfs

Weitere Termine: 1., 20. und 26.10.2022

Weitere Infos zum Programm des Nationaltheaters Brünn findet ihr hier: https://www.ndbrno.cz/de/programm/


Bolero
1., 20., 26.10.2022
Janáček Theater
602 00 Brno
Rooseveltova 31
+420 542 158 120
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https://www.ndbrno.cz/de/

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