Die See-Festspiele in Mörbisch am Neusiedler See feiern heuer mit dem Vogelhändler von Carl Zeller ihr 60jähriges Jubiläum – und wie…
Es ist eine bunte, humorvolle, glanzvolle Operette geworden. Mit vielen lustigen, aber auch geistreichen Einlagen, hervorragenden Kostümen, reizenden Vögeln, ein wenig langsamen Brieftauben (aber bei der Post geht es ja nicht so schnell) und recht guten Sängern.
Wenn dann auch noch das Wetter aushält, die Gewitter vorbeiziehen und die Gelsenplage nicht zu arg die Besucher in der Pause quält, dann steht einem wunderschönen Operettenabend nichts im Wege.
Zum Inhalt:
Der Vogelhändler Adam aus Tirol (Paul Schweinester oder Bernhard Berchtold) kommt endlich wieder in das Dörfchen in der Pfalz, in dem seine Braut Christel (Sieglinde Feldhofer oder Martina Fender) zu Hause ist. Gerne würden die beiden heiraten, aber leider ist das Geld zu knapp.
Da kommt es ja gerade recht, dass der Fürst seinen Besuch ankündigt und Christel fest entschlossen ist, ihm ein Bittschreiben für eine Stellung ihres Geliebten zu überreichen.
Baron Weps, ein Vertrauter des Fürsten, der die Ankunft des hohen Herrn vorbereiten soll, muss zur Kenntnis nehmen, dass im Wald weder ein Wildschwein für die Jagd noch im Dorf eine Ehrenjungfrau zur Begrüßung aufzutreiben ist. Gegen eine stattliche Kaution, mit der er die Spielschulden seines Neffen Stanislaus zu bezahlten gedenkt, verspricht er, dem Fürsten ein Hausschwein für die Jagd unterzujubeln und eine „Ehrenwitwe" als Ehrenjungfrau vorzustellen.
Doch der Fürst sagt die Reise ab – Baron Weps kann jedoch das Geld nicht zurückzahlen und zu allem Überdruss taucht auch noch die Fürstin mit ihrer Hofdame Adelaide als Bauernmädchen verkleidet auf, um dem als notorischen Fremdgeher verschrienen Gatten nachzuspionieren.
Unwissend ob dieser Tatsache springt der Neffe, Graf Stanislaus, als Fürst ein, um das Geld zu retten, schließlich sollen davon ja auch seine Spielschulden bezahlt werden. Adam wiederum unterstellt seiner Christel ein Techtelmechtel mit dem Fürst und die Verwirrungen nehmen ihren Lauf …
Die Operette punktet mit vielen bekannten Melodien, wie „Ich bin die Christel von der Post", „Schenkt man sich Rosen in Tirol", „Wie mein Ahn'l zwanzig Jahr" oder „Grüaß enk Gott, alle miteinander" und es ist gut, dass beide Darsteller des Vogelhändlers auch wirklich aus Tirol kommen. Da kommt das Tirolerische gleich nochmal so gut über die Rampe.
Das Bühnenbild, für das Frank Philipp Schlößmann verantwortlich zeichnet, beeindruckt nicht nur durch die überdimensionale Kuckucksuhr, sondern auch durch seine Vielseitigkeit. Schön auch die Idee des Vogelkäfigs oder die Darstellung des Fürstenhofes. Es ist sicher nicht leicht, die riesige Seebühne mit einer derartigen Leichtigkeit im Spiel umzusetzen und für die einzelnen Bilder zu verändern.
Und damit sind wir auch schon bei den Kostümen, die das Spiel unterstützen: Wunderbar bunt und schrill die Vögel und ihr Ballett. Man weiß oft gar nicht wohin man zuerst schauen soll.
Herrlich die Tauben, die die Christel von der Post umschwirren, und auch die Roben am Fürstenhof machen nicht nur den Trägerinnen sondern auch den Trägern alle Ehre, - von ihren Perücken ganz zu schweigen.
Und obwohl eigentlich Ballettszenen in der ursprünglichen Fassung der Operette gar nicht vorgesehen waren, muss man feststellen, dass es echt schade wäre, würde die Arie „Schenkt man sich Rosen in Tirol" nicht vom wunderbaren „Rosenballett" unterstützt werden.
100 Kostüme für die Statisterie, 200 Kostüme für das Ballett und 32 Kostüme für die Solisten wurden unter der Regie von Kostümbildnerin Armella Müller von Blon Einsich angefertigt.
Umbauzeiten werden – genauso wie das Ende –von „Wasserspielen" überbrückt und unterstützt.
Kitsch as Kitsch can, aber ich liebe es – und wenn am Ende noch zu den Wasserfontänen das Abschlussfeuerwerk gezündet wird, dann werden die Handykameras nur so eingeschaltet und man kann neben dem lautstarken Applaus für das Team der Mörbischer Festspiele auch noch ganz viele Ahhs und Ohhs aus dem Publikum hören.
Wer danach nicht sofort nach Hause fahren muss, gönnt sich dann noch im Restaurant oder in der Genussmeile eine Kleinigkeit und probiert einen der zahlreichen burgenländischen feinen Tropfen. Natürlich ist auch für Bierliebhaber, für Cocktailfreunde und für die Autolenker vorgesorgt – aber bei so einem Ausflug sollte man doch auch ein Achterl vom Burgenländer probiert haben.
Restaurant, Café und die Genussmeile haben übrigens nicht nur in der Pause, sondern auch bereits vor der Vorstellung geöffnet – kein Magenknurren muss also bei rechtzeitigem Eintreffen der Besucher die Vorstellung stören.
Mörbisch ist also auch heuer wieder einen Ausflug wert – bereits schon zum 60. Mal.
Anmerken sollte man vielleicht noch, dass die große Präsenz des Fleischhauers Hofstädter (Billa/Merkur) und seinen Sacher- und Debrezinier Würstchen (nicht kochen – nur sieden) auf der Kulinarikmeile vielleicht nicht ganz zufällig passiert ist.
In der Besetzungsliste könnte regelmäßigen Werbe- und TV-Konsumenten ein Gesicht ganz besonders bekannt vorkommen: jenes von Gerhard Ernst, der den Professor Würmchen gibt. Genau – im „richtigen" Leben ist er der Fleischhauer Hofstädter in der Fernseh- und Rundfunkwerbung.
Besetzung:
Vogelhändler Adam: Thomas Ebenstein, Paul Schweinester
Christel von der Post: Sieglinde Feldhofer, Martina Fender
Kurfürstin Marie: Cornelia Zink, Elena Puszta
Adelaide: Dagmar Schellenberger
Professor Würmchen: Gerhard Ernst
Professor Süffle: Wolfgang Dosch
Baron Weps: Horst Kamnek, Rupert Bergmann
Graf Stanislaus: Maximilian Mayer, Philipp Kapeller
von Scharrnagel: Peter Horak
Regie: Axel Köhler
Musikalische Leitung: Gerrit Prießnitz
Bühnenbild: Frank Philipp Schlößmann
Kostüme: Armella Müller
Choreografie: Mirko Mahr
7.7.-19.8.2017 Der Vogelhändler von Carl Zeller
Seefestspiele Mörbisch
Kartenbüro Hotline: +43 2682 66 210
Email:
www.seefestspiele-moerbisch.at
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