Wenn man schon in einem Hotel im Bezirk Žižkov übernachtet, dann sollte man unbedingt auch den Fernsehturm besuchen.
Es ist ein moderner Turm, der da in einem großen Park plötzlich vor mir in die Höhe ragt. Eigenwillige Form, riesig hoch, kein Wunder, dass dieses moderne „Monster“ einige Diskussion bei seinem Bau ausgelöst hat. Seine Umgebung scheint eher ein bisschen verschlafen und die Bauten älteren Datums zu sein.

Außerdem gibt es zu seinen Füßen einen jüdischen Friedhof und wenn ich mich richtig erinnere, mussten für seinen Bau auch einige Gräber verlegt werden.

Dennoch ist es wert, dem Park, dem Turm, aber auch dem kleinen Friedhof einen Besuch abzustatten.

Ich mache mich daher an meinem letzten Tag in Prag auf, den Fernsehturm zu besuchen. Immerhin bleibt mir der Vormittag bevor mich der Zug wieder zurück nach Wien bringen soll und laut Google Maps sind es wirklich nur ein paar Minuten zu Fuß von meinem Hotel in der Seifertova Strasse um dorthin zu gelangen.

Als ich zu dem Park um die Ecke biege, bedauere ich es gleich, dass ich heute abreisen muss, denn hier scheinen gerade die Vorbereitungen für ein Fest am Fuße des Fernsehturms zu beginnen. Es ist die Zeit von Burčák und so gibt es nicht nur einige Stände, die den „Federweißen“ anbieten, sondern auch die bereits gereifteren Weine zur Verkostung anbieten.

Da man zum Wein und Most auch was essen muss, werden auch gerade die Öfen für Lokse, Kartoffelpuffer und die unterschiedlichen Würste angeheizt – am Nachmittag wird es hier sicher im wahrsten Sinne des Wortes – heiß hergehen. Neben mir spazieren auch schon „Einheimische“ von Stand zu Stand, um sich über das kommende Angebot zu informieren. …

Ich aber wollte ja den Turm „besteigen“ – wobei keine Angst „besteigen“ muss man ihn nicht – ein Lift bringt die Besucher schnell in die verschiedenen Stockwerke.
Die Babys
Bevor ihr jedoch in den Lift einsteigt, solltet ihr unbedingt die Säulen des Turms genauer betrachten: auf diesen klettern in unterschiedlichen Höhen (gar nicht so) kleine Babys auf den Turm hinauf und hinunter.

Insgesamt zehn an der Zahl wurden ursprünglich zum Jahr der Europäischen Kulturhauptstadt vom international bekannten tschechischen Künstler David Černy entworfen und angebracht. Sie sind 3,5 Meter lang, 2,6 Meter breit, aus Laminat und jedes wiegt um die 150 Kilogramm.

Da sie große Beliebtheit erlangten und damit den Turm für einige doch sympathischer machten, beschloss man sie auch nach dem Kulturhauptstadtjahr am Turm zu belassen. Wer sich die Babys genauer anschauen möchte, muss allerdings auf die Kampa-Insel: Dort befinden sich ebenfalls drei dieser Babys, allerdings aus Bronze.
Die Geschichte des Turms
Oben auf der höchsten Plattform, die der Öffentlichkeit zugänglich ist, erfahre ich dann mehr über die Geschichte des Turms. Über mir gibt es jetzt nur mehr eine Kabine in 120 Meter Höhe, in der sich die technischen Anlagen für die Aussendung des Fernseh- und Funksignals sowie für das Mobilfunknetz, für meteorologische Messungen und der Rettungsfunk befinden.

Die Überlegungen für einen leistungsstärkeren Funk- und Fernsehturm für Prag reichen bereits in die 1970er Jahre zurück. Damals wurde das Signal vom Aussichtsturm Petřin gesendet, doch diese Sendeanlage war nur provisorisch installiert und durch das hüglige Stadtgebiet von Prag wurde auch eine höhere Sendeanlage gefordert um alle Teile der Stadt mit ausreichender Leistung versorgen zu können.

Mitte der 80er Jahre wurde schließlich beschlossen, den Turm auf dem Grund des damals ziemlich verwahrlosten Mahler-Parks hier in Žižko zu bauen, wobei diese Entscheidung teils heftige Kritik auslöste.

Drei Gründe wurden besonders stark diskutiert:
1. Der Entwurf des Architekten Václav Aulický. Dieser hatte 20 verschiedene Entwürfe ausgearbeitet, zu denen auch der letztlich realisierte zählte. Ein zur damaligen Zeit sicher ein durchaus kontroversieller Entwurf, der auch im starken Kontrast zum historischen Umfeld der Umgebung steht. Allerdings brauchte die technisch ausgefallene Ausführung neben zahlreichen Neuerungen auch einige Patente mit sich.

2. Nach der Inbetriebnahme Anfang der 1990er Jahre gab es Proteste, da die Einwohner befürchteten, dass von der, vom Fernsehturm ausgesendeten elektromagnetischen Strahlung, sowohl die Umwelt als auch die Bewohner geschädigt werden könne. Sämtliche durchgeführten Messungen zeigten jedoch, dass die Befürchtungen unbegründet waren

3. Auf dem Gelände des Fernsehturms befand sich ein alter jüdischer Friedhof. Dieser war zwar bereits in den 1950er Jahren aufgelassen worden und auf seinem Grund der öffentliche Park errichtet worden, aber bei dem Bauarbeiten für das Fundament stieß man auf Überreste von Gräbern, die dann unter Aufsicht von Vertretern der jüdischen Gemeinde versetzt wurden. Wobei die Objekte, Wege und Einzäunungen des historischen Friedhofs im Rahmen des Turmbaus instandgesetzt wurden. Heute kann man einen Teil des Friedhofs von der Aussichtsplattform erkennen.

Die oberste Aussichtsplattform
Im ersten Raum, den ich betrete, sehe ich neben der beeindruckenden Aussicht auf die Stadt auch gleich die Größenvergleiche mit anderen „Turm-Wunderwerken“ der Welt.

Der Prager Fernsehturm hat eine Gesamthöhe von 216 Meter, er ist derzeit nicht nur das höchste Bauwerk Prags, sondern auch das Bauwerks mit der am höchsten gelegenen Aussichtsplattform Tschechiens. Auf dieser – in 93 Meter Höhe – befinde ich mich jetzt und bewundere die jeweilige Aussicht.

In einem der Räume der Plattform ist auch eine Ausstellung zu sehen, wer möchte kann mit Engelsflügel ein Selfie machen oder in einem der bequemen Kugelsessel Platz nehmen, sich den Straßenlärm von unten anhören und leicht schwingend in die Ferne blicken – angeblich an schönen Tagen bei guter Sicht bis zu 100 km.
Restaurant, Hotel und Bar
Eine „Etage“ darunter, auf 66 Meter Höhe befindet sich ein Panorama-Restaurant, ebenfalls sehr edel und stylisch gestaltet. Das muss ich doch einfach auch schnell begutachten.

Hier kann man am Abend einen Blick auf das beleuchtete Prag werfen und dinieren. Oder vielleicht auch einmal zwischendurch auf Kaffee und Kuchen vorbeischauen. Wer etwas länger bleiben will, kann sich im One Room Hotel auf 70 Meter Höhe einquartieren.

Ich riskiere jedenfalls noch einen letzten Abschiedsblick auf Prag und steige in den Lift um wieder zum Erdgeschoss zurückzufahren, einen Kurzbesuch beim jüdischen Friedhof zu machen und schließlich ins Hotel zurückzukehren, um meine Koffer für die Abreise zu holen.

Sbohem, má Praho – ich glaube ich komme sehr bald wieder …

Der Fernsehturm ist täglich von 9:00 bis 24:00 Uhr geöffnet, wenn ihr einen Prague Visitor Pass besitzt, ist die Auffahrt zur Aussichtsplattform kostenlos.

Fernsehturm Žižkov
130 00 Praha 3, Mahlerovy sady1
Tel: +420 210 320 081
Email:
www.towerpark.cz