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Ein Herbsttag im untersteirischen Gonobitz-Slov. Konjice

Gonobitz? Der Name sagt Ihnen nichts?

Und doch bin ich mir sicher, dass viele von Ihnen, geschätzte Leserinnen und Leser, an diesem untersteirischen Städtchen schon vorbeigefahren sind. Und zwar immer dann, wenn Portorož-Portorose, Piran oder Abbazia-Opatija auf Ihrem Reiseplan gestanden sind.
Die Autobahnausfahrt Slov. Konjice liegt knapp vor den beiden einzigen Tunnels zwischen Marburg-Maribor und Cill-Celje. Nicht die Tunnels sind interessant, sondern der Berg, den sie durchqueren. Es ist der Weitensteiner Zug – und der wäre nach 1918 fast zur Grenze zwischen österreichischer und slowenischer Steiermark geworden. In diesem Fall wäre Gonobitz heute der österreichische Grenzort zu Slowenien – und somit hierzulande weit präsenter als es Slovenske Konjice ist.

Gonobitz-Slov. Konjice (Foto © Josef Wallner)
Gonobitz-Slov. Konjice (Foto © Josef Wallner)

Konj heißt auf Slowenisch Pferd. Und so verwundert es nicht, dass das Wappentier von Konjice ein weißes Pferd ist. Es handelt sich aber nicht um einen Lipizzaner, denn die sind eineinhalb Stunden von Gonobitz entfernt, in Lipizza-Lipica auf dem Karst zu Hause. Gonobitz war nur eine wichtige Station auf dem Weg von Wien nach Triest, an der die Pferde umgespannt wurden. Eine ziemlich profane Geschichte also. Mystischer ist da schon die Sage über den Bach, der die Gonobitzer Altstadt durchfließt. Sein Wasser soll der Schleim eines Lindwurms sein. Warum das so ist, überliefert Hans von der Sann in der Sage vom Gonobitzer Lindwurm… 

Das Dranntal mit dem Wotsch (Foto © Josef Wallner)
Das Dranntal mit dem Wotsch (Foto © Josef Wallner)

„Südlich vom Markte Gonobitz, im steirischen Unterlande, erhebt sich der Gonobitzberg, welcher im Innern hohl sein soll. Vor langer Zeit nun füllten den Berg unterirdische Gewässer, in denen ein abscheuliches Untier, ein Lindwurm, sein Spiel trieb. Dieser brach zuweilen aus dem Berge hervor und richtete dann jedesmal unter den Menschen und dem Viehe große Verheerungen an. Um sich diesen gefährlichen Feind vom Leibe zu halten, beschlossen die Bewohner des Marktes, dem Lindwurm alljährlich sechs weißgekleidete, bekränzte Jungfrauen zu überlassen, außerdem sollte auch noch der Pfarrer zu Gonobitz täglich vor dem Hochaltare in der Pfarrkirche eine heilige Messe lesen. 

Eines Tages nun verschob der Pfarrherr die hl. Messe. Alsbald hörte man ein furchtbares Tosen und Krachen, welches aus dem Innern des Gonobitzberges zu kommen schien, und bald darauf entströmten diesem große Wassermengen, welche nicht nur den Markt, sondern das ganze obere Drautal unter Wasser setzten; Häuser fielen ein, Bäume wurden entwurzelt und fortgerissen, Menschen und Tiere standen in größter Lebensgefahr. Der Lindwurm war ausgebrochen, weil man das Gelöbnis nicht gehalten, und nun befahl der Pfarrer, ein Pferd herbeizuschaffen, um zur Kirche reiten zu können. Mit vieler Mühe wurde ein solches vor ihn gebracht, worauf er dann das Tier bestieg und in die Kirche ritt. Aber auch hier stand das Wasser schon so hoch, daß es ihm unmöglich schien, die hl. Messe stehend lesen zu können, weshalb er es auf dem Pferde sitzend tat. 

Nachdem der Priester den Gottesdienst beendet hatte, verliefen sich die Gewässer; aber auch der Lindwurm verschwand und wurde seither nicht mehr gesehen. Noch sieht man vom Markte aus einen Felsen, welcher durch eiserne Doppelhaken zusammengehalten sein und den Eingang zu dem einst vom Lindwurm bewohnten und mit unterirdischen Gewässern gefüllten Innern des Gonobitzberges bilden soll." 

Wie gesagt, auch wenn den Drachen keiner mehr je zu Gesicht bekommen hat, da sein dürfte er noch und sein Sabber rinnt als Bacherl durch das hübsche Gonobitz.

Das Green mitten im Grünen (Foto © Josef Wallner)
Das Green mitten im Grünen (Foto © Josef Wallner)

Sie glauben nicht an Lindwürmer? Dann kann ich Ihnen eine andere Geschichte aus Gonobitz bieten, die mehr Wahrheitsgehalt aufweist, aus Sicht ihres Hauptprotagonisten müsste man sagen, leider: Hoch oberhalb von Gonobitz, ober dem Friedhofe und der St.-Anna-Kapelle mit ihren alten Grabdenkmälern, erheben sich die Ruinen der Gonobitzer Burg mit ihrem markanten weißen Turm. Ihr prominentester Besitzer war Erasmus Graf von Tattenbauch. Im Winter des Jahres 1671 wurde er in Graz hingerichtet. Der untersteirische Historiker Rudolf Gustav Puff hat seine letzte Stunde geschildert: „Am 1. Dezember 1671 blieben die Stadt¬tore in Graz um eine Stunde länger geschlossen, die ganze Garnison zu Fuß und zu Pferde nebst der Stadtguardia marschierte auf. Das Schafott war im Hofe des Rathauses aufgeschlagen. Tattenbach betrat es ruhig und ergeben, früh um 8 Uhr am Arme des Jesuitenpaters Seitz. Der schöne, eitle, noch nicht siebenunddreißig Jahre alte Mann war blaß, gebeugt, ergraut und runzelig geworden. Mit Dank vernahm er die Gnade, daß ihm das Abhauen der rechten Hand erlassen sei. Knieend, nicht sitzend, wie es ihm erlaubt worden, empfing er die drei Todesstreiche. Als sein Kopf fiel, wurden alle Glocken der Stadt geläutet." Bei einer Verschwörung, in diesem Fall eine ungarisch-kroatische mit untersteirischer Beteiligung, verstanden die Habsburger keinen Spaß. Mit dem Tod des Grafen begann auch der Niedergang der Gonobitzer Burg, die eine der größten und vornehmsten der Steiermark war.

Das Dranntal mit dem Wotsch (Foto © Josef Wallner)
Das Dranntal mit dem Wotsch (Foto © Josef Wallner)

An die dunklen Stunden des Verschwörers erinnert in Gonobitz nichts mehr, genauso wenig wie an die Belagerung durch die Ungarn, die Türkenstürme und die verheerenden Brände. Gonobitz ist schlichtweg eine reizende untersteirische Weinstadt, was mit der Auszeichnung als schönster slowenischer Ausflugsort auch schwarz auf weiß belegt ist. Der Vorteil eines Besuches von Gonobitz ist, dass es – mit zwei Ausnahmen – nichts gibt, was Sie unbedingt sehen müssen. Lassen Sie sich einfach durch die paar Gasserl des Städtchens treiben. Vielleicht interessiert Sie die Ortsvinothek, vielleicht das ehemalige Windisch-Graetz-Schloss Trebitsch-Trebnik mit dem Naturkosmetik-Shop, das Feuerwehrmuseum, die alte Mühle oder doch die St. Georgkirche, die bei meinen Besuchen, was bei untersteirischen Kirchen selten vorkommt, sogar offen war.

Untersteiermark pur.... (Foto © Josef Wallner)
Untersteiermark pur.... (Foto © Josef Wallner)

Sind Sie an der gemeinsamen Geschichte von deutsch- und slowenischsprachigen Steirern interessiert? Dann entdecken Sie in Gonobitz vielleicht noch so Manches, das an die Zeit des Herzogtums Steiermark erinnert, als Gonobitz laut dem Reisehandbuch Steiermark von 1914 als kleine deutsche Sprachinsel in der slowenischen Steiermark galt: „Gonobitz. Stattlicher Markt, deutsche Sprachinsel liegt zwischen den südlichen Ausläufern des Bacher und dem Gonobitzer Berge an der Drann. Gasthöfe: Goldener Hirsch, Kasinoverein Sonne, Schwarzer Adler, Stadt Wien. Waldreiche Umgebung mit schönen Spaziergängen, Jagd und Fischerei, Tennis. Die Industrie ist wenig entwickelt. Umso bedeutender ist der Weinbau der Umgebung, besonders in den Gemeinden Skalitz [Škalce], Lipoglau [Lipoglav], Heiligen-Geist [Sv. Duh] und Verholle [Vrhole], wo der berühmte rote Vinarjer in hervorragender Güte gedeiht…"

Völkerverbindende Speisekarte (Foto © Josef Wallner)
Völkerverbindende Speisekarte (Foto © Josef Wallner)

Das Gasthaus Stadt Wien habe ich nicht mehr gefunden, Weinberge aber umso mehr. Einer davon, der goldene Hügel oder Zlati grič, ist die erste Attraktion, die Sie in Gonobitz nicht versäumen dürfen. Er liegt in Skalitz-Škalce genau gegenüber der Gonobitzer Altstadt. Was für eine Lage: das anmutige Weinschlössl der Herren von Gonobitz auf dem Kamm des goldenen Hügels, in Blauweiß gehalten, umgeben von Tausenden Weinstöcken. So oft war ich schon dort und doch berührt mich dieser Anblick jedes Mal aufs Neue. Und das Beste ist: Sie können das Weinschlössl mieten. Es gehört zum Unternehmen Zlati grič. Dieses ist ein kleines untersteirisches Imperium mit dem Weingut (70 Hektar), dem Golfplatz und dem Gasthaus auf dem goldenen Hügel, eines meiner Lieblingswirtshäuser in der Untersteiermark. Für mich ist es Tradition dort bei einem Glas Sivi Pinot, dem Grauburgunder, meine Reisen in den Süden ausklingen zu lassen. Der Blick schweift über Gonobitz mit seinem spitzen Kirchturm, dahinter der weiße Turm der Burg, aus dem dunklen Grün des Gonobitzer Berges (Gora) aufragend; hinter mir die südlichen Abhänge des Bachern, in viel helleres Grün als die dunkle Gora getaucht, denn der Wein zieht sich weit den Gebirgsstock hinauf. Durchbrochen wird das grüne Bild vom Grau und Weiß der vielen Kapellen und Kirchhtürme, die das so typische untersteirische Landschaftsbild komplettieren. 

Am goldenen Hügel von Skalitz (Foto © Josef Wallner)
Am goldenen Hügel von Skalitz (Foto © Josef Wallner)

Weiter oben am Bachern ändert sich die Szenerie. Der Süden weicht dem Norden, das Weinland geht in Wiesen und die Wälder des Pohorje über, jenes breiten Granitstocks, der die nördliche Untersteiermark von den südlichen Landesteilen trennt. Der Bachern ist kein spektakulärer Gebirgszug mit schroffen Gipfeln und wilden Zacken, sondern ein behäbiger Klotz, der sich von Unterdrauburg-Dravograd bis Marburg-Maribor und von dort hinunter nach Gonobitz zieht. Der Tourismus hat Teile des Bachern längst in Beschlag genommen, vor allem auch den Gonobitzer Schwagberg, slowenisch Rogla, auf dem viele Slowenen das erste Mal auf Schiern standen. Für mich ist der Schwagberg Ausgangspunkt für Wanderungen am Plateau des Bachern, vor allem das Moor und die St. Lorenzener Seen haben es mir angetan. Bin ich nicht gerade noch am goldenen Hügel in der Sonne gesessen? Und jetzt, wenig später, fröstelt es mich, wenn ich auf einem schmalen Holzpfad durch eine mit Latschen bewachsene Moorlandschaft tripple, die ich ungschaut ein paar Tausend Kilometer weiter nördlich verorten würde.

Moorlandschaft am Bachern (Foto © Josef Wallner)
Moorlandschaft am Bachern (Foto © Josef Wallner)

Möchten Sie die Moorlandschaft in aller Ruhe genießen, sollten Sie den Schwagberg und seine Umgebung unter der Woche besuchen. Am Wochenende bietet sich stattdessen ein Besuch von Seitz-Žiče an, der ältesten Kartause im alten Österreich. Warum wurde in diesem abgelegenen Winkel der Steiermark dieses große Kloster errichtet? Eine steirische Sagensammlung klärt auf: „Markgraf Ottokar V. von Steier jagte einst in der Umgebung von Gonobitz. Eine weiße Hirschkuh lockte den Fürsten von seinem Gefolge ab und immer tiefer in die unwegsamen Wälder. Plötzlich verschwand das seltene Wild. Der Markgraf suchte einen Ausweg, aber er war schon zu sehr ermüdet und verfiel in einen tiefen Schlummer. Im Traume erschien ihm der hl. Johannes der Täufer im weißen Kleide und ermahnte ihn, hier an dieser Stelle im Walde ein Kloster zu gründen, dessen Mönche weiße Gewänder trügen. Auf die Frage, wo er solche Brüder finden könne, verwies ihn der Heilige an die Bruderschaft der großen Kartause im Delphinate bei Grenoble. Bald darauf wurde der Markgraf durch den Lärm seiner ihn suchenden Jagdgenossen aus dem Schlafe aufgeweckt, und ein von den Hunden verfolgter Hase (slowenisch zajec) suchte bei Ottokar Schutz, indem er sich in dessen Schoß flüchtete. Als darauf … hier in dem ungefähr zwei Stunden südwestlich von Gonobitz gelegenen stillen Waldtale von dem frommen Markgrafen ein Karthäuserkloster gegründet wurde …"

Kartause Seitz (Foto © Josef Wallner)
Kartause Seitz (Foto © Josef Wallner)

In der Zeit der Reformation ging es mit der Kartause bergab, die Rekatholisierung des Landes brachte die Mönche zurück, bis Josef II. das Kloster aufhob. Schließlich brachte man im 19. Jahrhundert die Überreste Ottokars von Steiermark aus der verfallenen gotischen Kirche in das Stift Rein. Im neuen Slowenien wurden Teile der Kartause restauriert. Seitz wurde zu einem beliebten Ausflugsziel. Die Ausstellung in einem der wieder hergestellten Trakte ist interessant und recht gut gemacht. Das Besondere an Seitz ist aber das eigentümliche Zusammenwirken von Natur und Architektur.  „Die Gotik des Waldes wetteifert mit der von Menschen erdachten…"  Diesem Befund aus 1914 lässt sich nichts hinzufügen.

Die Gotik des Waldes wetteifert mit der von Menschen erdachten (Foto © Josef Wallner)
Die Gotik des Waldes wetteifert mit der von Menschen erdachten (Foto © Josef Wallner)

In den Ruinen des Klosters „hat die Welt ein Ende" schrieb vor vielen Jahrzehnten ein untersteirischer Schriftsteller. Am Ende ist die Welt erfreulicherweise noch nicht und so können Sie sich neben dem Kloster im ältesten Gasthaus Sloweniens, dem Gastuž, stärken und auf der netten Holzterrasse die Atmosphäre des St. Johannestals genießen. Die Kartäuser hatten sich wahrhaft einen guten Platz ausgesucht. Am Weg zurück nach Gonobitz sollten Sie einen Blick auf die romanisch-gotische Kirche in Maria Spitalitsch (Špitalič) werfen. 

Links

https://www.zlati-gric.si/

Weingut, Gasthaus, Apartment, Golfplatz 

https://spargus.si/ 

ältestes Gasthaus der Untersteiermark, einige Kilometer davon entfernt lässt es sich in der Pension Kračun (mit Wellnessbereich) sehr angenehm übernachten. Zum Angebot gehört auch eine Hochzeitsagentur, die Ihre Trauung z.B. in der Kartause arrangiert.

Euch hat der Artikel gefallen? Mehr davon findet ihr in den Büchern von Josef Wallner:

Reisen in der Untersteiermark|Štajerska 
Unbekanntes Slowenien. Reisen auf Altösterreichs Spuren in Krain und Laibach.

Text: Josef Wallner

Fotos: Norbert Eisner