Jihlava liegt zum Teil in Mähren, zum Teil im Böhmen. Die Stadt ist die Hauptstadt der Region Vysočina und glänzt mit Barock und Mahler …
Das ist aber noch lange nicht alles. Auch an Gotik und Renaissance ist hier einiges zu sehen und wer mag kann sowohl hoch hinauf als auch tief nach unten steigen. Außerdem ist Jihlava ein idealer Ausgangspunkt zu einigen anderen Sehenswürdigkeiten und Unesco Weltkulturerbe-Stätten in Tschechien.
Die Geschichte
Jihlava gilt als die älteste Bergstadt der böhmischen Länder, angeblich soll dort bereits im Jahre 799 nach Silber geschürft worden sein. Das Silbervorkommen war natürlich auch für die Herrscher wichtig: so richtete bereits König Ottokar I. eine Bergkanzlei und ein Münzamt ein, die Stadt erhielt viele Privilegien und wurde um 1250 von Wenzel I. Přemysl zur Königsstadt erhoben.
1249 entstand in Iglau die älteste bekannteste Rechtsordnung für den Bergbau. Das Iglauer Bergrecht bestimmte in der späteren Zeit maßgeblich die Rechtssituation der anderen böhmischen und mährischen Bergwerkstädte und diente auch als Vorbild für das sächsische Bergrecht.
Lange Zeit war das Iglauer Berggericht die letzte Instanz bei allen montanen Streitigkeiten in den Ländern der böhmischen Krone.
Kein Wunder, dass die kleine slawische Siedlung immer größer wurde und sich auf der anderen Seite des Flusses ausdehnte. Vornehme Häuser wurden gebaut, große Kirchen zeugten vom Reichtum der Bürger. Auch der riesige Hauptplatz – der Masarykplatz – entstand um 1300 und ist auf eine Bauordnung von König Přemysl Ottokar II. zurückzuführen.
Doch mit der Zeit erschöpften sich die Silberminen und Ende des 14. Jahrhunderts wurden Handel und Handwerk immer wichtiger. Vor allem die Tuchmacherei war stark in Jihlava vertreten, im 18. Jahrhundert galt die Stadt sogar als zweitgrößter Tuchproduzent in der k.u.k. Monarchie.
Auch wenn immer wieder Brände (wie beim großen Stadtbrand 1523) und kriegerische Auseinandersetzungen die alten Gebäude zerstörten, stehen auch heute noch über 200 Gebäude unter Denkmalschutz und erinnern an die reiche Geschichte des blühenden Jihlavas.
In den Hussitenkriegen stand Iglau auf der Seite der kaiserlich-katholischen Seite und entging der Eroberung und Zerstörung. Doch während des Dreißigjährigen Krieges wurden die Stadt zweimal von den Schweden erobert, die während der Besatzungszeit für den weiteren Ausbau der Stadtmauer sorgten und möglicherweise auch einen Teil der unterirdischen Gänge angelegt haben. Erst ein Jahr vor Kriegsende wurde die Stadt von kaiserlichen Truppen wieder zurückerobert.
1742 fiel die Stadt in preußische Hände, 1805 siegte man zwar über die Bayrische Armee in der Nähe der Stadt, doch dadurch waren die österreichischen Einheiten gebunden, wodurch der Französische Sieg bei Austerlitz erleichtert wurde.
Jihlava wurde bis zum Ersten Weltkrieg dann Standort der k.u.k. Armee. Jihlava gilt lange Zeit als deutsche Stadt, sie ist bis vor 1945 die zweitgrößte deutsche Sprachinsel in Mähren. Mit der Gründung der Tschechoslowakei nimmt die Zahl der tschechisch sprechenden Einwohner zu. Die nationalen Spannungen verstärken sich und führen 1920 zur Ausrufung des Ausnahmezustandes, um weitere Tote zu vermeiden und die tschechische wie die deutsche Seite zu beruhigen.
1939 wird Jihlava Bezirksstadt des Protektorat Böhmen und Mähren. Die deutschen Bewohner der Stadt werden zu deutschen Staatsbürgern, ein deutscher Politiker wird Bürgermeister, Ziel der Nazis ist es, aus Jihlava wieder eine rein deutsche Stadt zu machen. Tschechische Einwohner sind Protektoratsangehörige.
Kurz nach der Eingliederung wird die Synagoge der Stadt in Brand gesetzt und zerstört.
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wendet sich das Schicksal. Nun werden die deutschen Bürger aufgrund der Beneš-Dekrete enteignet und müssen die Stadt verlassen. Auf den langen Fußmärschen kommen viele Zwangsaussiedler ums Leben, 16 Eisenbahntransporte transportieren ebenfalls deutsche Bewohner ins Ausland, nur wenige dürfen bleiben. Das Vermögen der evangelischen Kirche wird ebenfalls liquidiert und die katholischen Kirchen enteignet.
1951 kommt es zu mehreren kommunistischen Schauprozessen, die sich gegen den Einfluss der Kirche auf die Landbevölkerung richten und die den Mord an drei kommunistischen Funktionären aufklären sollen. Elf Angeklagte werden zum Tode verurteilt, 111 Angeklagte erhalten langjährige Zuchthausstrafen. 1989 nach der Samtenen Revolution werden alle verurteilten Personen rehabilitiert.
Noch einmal ist Jihlava Schauplatz eines politischen Protestes: Vilém Plocek verbrennt sich aus Protest gegen die Niederschlagung des Prager Frühlings und die sowjetische Besatzung 1968 am Marktplatz. Dort erinnert noch heute eine Gedenktafel an die Selbstverbrennung.
Sehenswürdigkeiten
Wir sind im Hotel Tři knížata – zu den drei Fürsten – abgestiegen, das ebenfalls am Hauptplatz liegt. Es ist eines der besten, wenn nicht das beste Hotel der Stadt. Daher liegt es nahe mit dem Stadtbummel auch hier zu beginnen.
Der Masarykplatz
Er ist, wie bereits erwähnt einer der größten Plätze in ganz Tschechien. Teilweise von wunderschönen Häusern umrahmt, teilweise könnte man bei einigen das Aussehen noch etwas verbessern.
Zwei Brunnen liegen auf jeder Seite des Platzes und in der Mitte steht – ja, leider ein furchtbar grausliches Einkaufszentrum, das den Blick auf die andere Seite des Platzes verstellt. McDonalds und ein Albert Supermarkt scheinen dort untergebracht zu sein, davor lungern ein paar Jugendliche.
Ehrlich, es sieht etwas verlassen aus und ich habe keine Lust verspürt, dort hineinzugehen. Es stört nur ganz schrecklich die Harmonie des Platzes.
Die Steinbrunnen wurden 1797 anstelle der mittelalterlichen Holzbrunnen errichtet. Die Sandsteinstatuen stellen die Götter Neptun und Amphitrite dar.
Die Pestsäule im oberen Abschnitt des Platzes wurde 1690 als Dank für den Schutz vor einer Pestepidemie errichtet. An der Spitze steht die Jungfrau Maria „Immaculata“, an den Ecken der Säule befinden sich die Statuen des Heiligen Franz Xaverius, des Heiligen Josephs, und der Heiligen Jakobus und Sebastians. Eine Gedenktafel erinnert an die Selbstverbrennung von Vilém Plocek.
Ursprünglich hatte die meisten Häuser noch Laubengänge, im Erdgeschoss wurde gehandelt oder die Handwerker hatten ihre Geschäfte. Fast alle Häuser hier waren auch mit dem Braurecht ausgestattet, durften also Bier brauen und ausschenken. Der große Stadtbrand im 16. Jahrhundert vernichtete allerdings fast die ganze Stadt, daher sind die heutigen Fassaden neueren Ursprungs.
Wenden wir uns den schönen Dingen zu.
Das Rathaus
Der wunderschön renovierte Bau weist eine lange Geschichte und einige Besonderheiten auf.
Hier tagten in frühester Zeit die Vertreter der Stadt. Ursprünglich trafen sie sich an unterschiedlichen Orten der Stadt, doch mit der Zeit wuchsen die Aufgaben und daher auch die Anzahl der „Stadträte“, sodass der Wunsch nach einem einheitlichen Ort der Treffen reifte. In der Mitte des 13. Jahrhunderts war es dann so weit, das erste Iglauer Rathaus an der Westseite bot ihnen Platz. 1425 wurde dann an der heutigen Stelle ein Haus erworben, das mit dem späteren Erwerb von zwei weiteren Häusern zum heutigen Rathaus zusammengeschlossen wurde.
Schließlich wuchsen die Aufgaben von Jahrzehnt zu Jahrzehnt, zu neuen Aufgaben kamen neue „Beamte“, man brauchte mehr Platz. Größere Umbauten folgten 1509, um die beiden anderen Häuser Schritt für Schritt in das „Haupthaus“ zu integrieren. Im Erdgeschoss wurde ein Wachzimmer sowie die Rüstkammer der Bürgerwehr untergebracht, im Hoftrakt entstand das Stadtgefängnis.
Verheerende Brände im 16. Jahrhundert beschädigten auch das Rathaus. Bei den Renovierungen wurden zugleich auf tiefgreifende Änderungen durchgeführt, die Hauseingänge wurden auf das Fassadenniveau vorgesetzt und die Lauben geschlossen, neue halbkreisförmige spätgotische Portale entstanden. 1574 baute man schließlich im Hofbereich hinter dem Rathaus einen großen Renaissancegerichtssaal mit einer Holztäfelung.
1716 entstand hinter dem Gefängnis eine Kapelle, 1727 wurde das Stadtgefängnis umgebaut und das letzte der drei Häuser in den Komplex integriert. 1786 wurden die Gebäude durch eine klassizistische Fassade vereinheitlicht und mit einem dritten Obergeschoss versehen. In dieser Zeit wurde auch die große gotische Diele im zweiten Stock umgebaut, die erst wieder bei den Rekonstruktionsarbeit 2004 bis 2006 wieder hergestellt werden konnte.
Von April bis September finden jeweils am Sonntag mehrere Führungen statt. Neben der großen gotischen Diele, die ein beeindruckendes Gewölbe aus dem Jahre 1545 aufweist, das mit Zitaten antiker Klassiker, Sprichwörter und Lehrsätze im Sinne der humanistischen Denkweise in griechischer, lateinischer, hebräischer, deutscher und tschechischer Sprache verziert sind, kann man auch das Wappen der Stadt sehen, bemalte Renaissancedecken, einen mittelalterlichen, noch funktionstüchtigen Aborterker, einen Bilderzyklus über die Geschichte der Stadt von Gustav Krum, eine schwarze Küche und wunderschönen Freskenmalereien. Ein Besuch lohnt also ganz sicher.
Ich habe bei diesem Besuch leider nur die Vorder- und die Rückseite mit Park von außen gesehen. Im Hoftrakt, an der Rückseite des Rathauses, bei dem man auf dem Weg zur Jakobskirche vorbei kommt kann man 5 Plastiken sehen – eine Allegorie der vier Jahreszeiten und die Muse Terpsichore, die Muse des Chorlyrik und des Tanzes.
Davor befindet sich ein großer Brunnen, der mit vielen Igeln geschmückt ist, die dem Fluss und damit der Stadt auch ihren Namen geben.
Wir bleiben aber noch am Hauptplatz und besichtigen die St. Ignatius Kirche
Die Jesuitenkirche des Heiligen Ignatius von Loyola
Sie ist ein Barockjuwel sondergleichen, das einem beim ersten Besuch gleich mit offenem Mund staunen lässt. Riskiert einen Blick in die Decke des einschiffigen Kirchengebäudes und schaut euch auch die Malerei beim Altar genauer an.
Die Jesuiten kamen um das Jahr 1625 nach Jilhava und erfreuten sich großer Unterstützung durch die Bewohner. Ein Block von 23 Bürgerhäusern reservierte der Stadtrat für den Bau den Konvikts am Oberen Platz, wo dann auch die Kirche, das Kollegium und ein Gymnasium errichtet wurde.
Obwohl nie komplett fertig gebaut, bestimmen die Gebäude – vor allem die Kirche – einen Teil des Masarykplatzes dominant. Die Kirche wurde 1683 – 1689 vom italienischen Baumeister Jacopo Brascha gebaut. Den einschiffigen Bau schmücken auf jeder Seite drei Kapellen. Der größte Schatz der Kirche – das sogenannte „Kreuz der Przemysliden“ vom Beginn des 14. Jahrhunderts befindet sich allerdings nicht mehr in Jihlava, sondern im Strahov-Kloster in Prag.
In der Kapelle rechts neben dem Altar befindet sich eine wunderschöne Pieta, deren Muttergottes zum Kreis der sogenannten „schönen tschechischen Madonnen“ gehört aus der Zeit um 1400. Ich bin immer wieder fasziniert, wie viel Gefühl das Gesicht der Statue ausdrucken kann.
Karel Töpper ist für die Verzierungen des Hauptschiffes und der Seitenkapellen verantwortlich, die er 1717 abschloss. Der illusionistische Hauptaltar entstand allerdings 1766 als Töppers Fresken übermalt wurden. Er ist ein Werk von Adam Lauterrer, Josef Kramolin und Franz Moldinger.
Die geschnitzte Barockkanzel stammt aus dem Jahre 1771 und wurde von Tobias Süssmayer angefertigt.
Die Orgel stammt aus dem Jahr 1732 und ihr Klang und die gute Akustik des Kirchenraums sorgen für ausgezeichnete Voraussetzungen für die beliebten Kirchenmusikkonzerten.
Wer ein wenig Kondition mitbringt, kann auch auf einen der Kirchtürme steigen und von dort aus die Aussicht auf den Oberen Platz genießen.
Noch interessanter ist aber meiner Meinung nach der Blick von oben in den Kirchenraum und auf die Orgel. Auch die Fresken und Gemälde lassen sich von oben noch einmal näher und genauer betrachten. Solltet ihr aber einmal einen richtigen Holzdachstuhl einer Kirche besichtigen wollen und nur Kondition für einen Kirchturm mitbringen, dann empfehle ich den Aufstieg in der Jakobskirche. Aber davon gleich.
Ich bin jedenfalls wieder glücklich am Hauptplatz gelandet und genehmige mir erst einmal einen Espresso in der Patisserie Café Ignaz, das sich gleich neben der Kirche befindet.
Dann geht es weiter zur nächsten Kirche.
Die Pfarrkirche des Heiligen Jakob des Älteren
Wir kommen am Weg dorthin auf der Rückseite des Rathauses vorbei und bewundern den Brunnen mit den vielen kleinen Igeln. Doch dann stehen wir schon vor der Jakobskirche.
Der dreischiffige Bau mit längerem Presbyterium und einem Abschluss in Form von fünf Seiten eines Achtecks wurde in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts begonnen, Anfang des 14. Jahrhunderts wurde dann der Wachtturm (der Nordturm) gebaut. Ihn kann man nun ersteigen und das empfehle ich euch unbedingt.
Man sieht von oben auf die Decke des Kirchenschiffs und ich war noch nie in so einem riesigen Holzdachstuhl. Wirklich beeindruckend. Auch den Ausblick über die Stadt finde ich von diesem Turm aus viel schöner. Und man kann rundherum gehen.
Einziger Nachteil: Aus Sicherheitsgründen ist ein Gitter gespannt und das stört ein bisschen beim Fotografieren.
Im zweiten Turm hängt seit 1563 die Glocke „Zuzana“, die zweitgrößte Glocke in Mähren. Sie wiegt 7086kg und ist 1,82 Meter hoch.
Beim Brand von 1523 wurde auch die Jakobskirche durch das Feuer verwüstet, 1545 mussten beide Türmen wegen ihres schlechten Zustandes abgetragen werden, wurden aber wieder aufgebaut. Allerdings traten beim Südturm 1548 statische Probleme auf, sodass er verkürzt werden musste, beide Türme erhielten später ihre Renaissancekuppeln.
Das mächtige Altarbild, das die Enthauptung des Heiligen Jakobs zeigt, wurde von J.N. Steiner, einen Iglauer gemalt, der als Hofmaler bei Maria Theresia arbeitete. Die Statue der Heiligen Katharina gehört auch zum Kreis der schönen tschechischen Madonnen, die spätgotischen Plastiken des Heiligen Jakobs und Gott Vater stammen aus der Iglauer Schnitzerwerkstatt, das vergoldete Renaissancetaufbecken wurde 1599 vom Nürnberger Goldschmied Hans Hirt gefertigt.
Beeindruckend sind auch die wunderschönen Glasfenster, die der Kirche Licht und eine eigene Stimmung verleihen.
Unbedingt sehenswert ist auch die Barockkapelle der Schmerzhaften Muttergottes, die in den Jahren 1701-1703 angebaut wurde und in der sich eine einzigartige Holzpieta aus gotischer Zeit befindet.
Auch der Blick in die Kuppel sollte hier bei der Besichtigung nicht fehlen und selbst das Schmiedeeisengitter hat – neben dem barocken Glanz im Inneren – Aufmerksamkeit verdient.
Wir schlendern jetzt einmal wieder Richtung Masarykplatz zurück und kommen beim Silberhaus vorbei.
Das Silberhaus
Das neu renovierte ehemalige Bürgerhaus weist durch seinen Namen auf die frühere Bedeutung der Stadt beim Silberabbau hin. Natürlich habe ich mir daher erwartet im Inneren mehr über die damalige Zeit, den Silberabbau, Knappen, Münzherstellung etc zu erfahren. Doch das ist es alles – fast -nicht.
Die einzigen Gegenstände, die auf diese frühere Bedeutung hinweisen, befinden sich im Keller. Sie sind Zeugen der Zeit als hier Münzen geprägt und Silber abgebaut wurden.
Bei den Renovierungsarbeiten hat man hier die verschiedensten Gegenstände gefunden – sie reichen von Prägestempel bis zu einer kleinen Figur und einen Schuh. Wer also daran interessiert ist, sollte sich gleich den Keller vornehmen.
Am Weg dorthin wird mit Skizzen an der Wand erklärt, wie das Haus entstand, über dann über die Jahre und nun mit der Renovierung verändert wurde.
Was gibt es noch zu sehen? Der Rest ist für mich ein bisschen kurios. Im obersten Geschoss gibt es zwei Zimmer, in denen auf der einen Seite Architektur-Workshops abgehalten werden, der andere Raum ist für die Filmemacher bestimmt.
Bei meinem ersten Besuch waren in beiden Zimmern Jugendliche voll Eifer dabei ihre Ideen zu verwirklichen. Es wurden auf der einen Seite Häuser entworfen und gebaut, manche davon dann gleich im Nebenraum in die Filmgestaltung miteinbezogen.
Sogar die Entstehung eines Jihlavood-Movie mit Yoda und Homer Simpson konnten wir ein bisschen mitverfolgen.
In einem weiteren Stockwerk gibt es einen modernen Veranstaltungsraum, in dem Konzerte und Events stattfinden können.
Tja und dann sind da noch 2-3 weitere Räume, die mich sehr staunen ließen. Zu einen zeichnen sie sich durch eine wunderschöne alte bemalte Holzdecke aus.
Doch anstelle diese in den Mittelpunkt zu rücken und zu beleuchten, hat man einfach eine Schiene mit Strahler darunter montiert, die nun die Räume beleuchten. Die Wände sind zum Teil bemalt, teilweise hat man „neue Ideen“ versucht auf alt umzusetzen, oder die ursprüngliche Bemalung wieder zugeben.
In einem Raum steht ein Ofen neueren Ursprungs der mit seiner Verkleidung wieder auf die „Silberstadt“ hinweisen soll, ein kleiner Raum wurde mit einem modernen Bad und WC (in einem Glaskobel) und einem Doppelbett vollgestopft, sodass man kaum die Wände sieht.
Im Raum davor steht auch noch ein sehr moderner Küchenblock in einer Ecke und passt überhaupt nicht zum Tisch und den Sessel, die aus welcher Zeit stammen?
Angeblich war und ist die Idee, diese Zimmer an besondere Gäste zu vermieten. Allerdings kann ich mir wieder nicht vorstellen, dass „besondere“ Gäste ihr Frühstück selbst zubereiten werden oder in diesen doch ein wenig beengten Räumlichkeiten wohnen möchten. Aber wir werden ja sehen. Wer also gerne Kurioses besichtigt und sich für schöne alte Holzdecken interessiert, ist hier richtig, dem Rest empfehle ich in der „Teestube“ im Erdgeschoss Platz zu nehmen, einen Tee oder auch Kaffee und die angebotenen Snacks zu genießen.
Wir wandern auf jeden Fall ein Stückchen weiter, sind schon am Masarykplatz, biegen aber in Znojemská-Straße ein. Hier, auf Nummer 4, befindet sich das Haus, in dem Mahler zwar nicht geboren wurde, aber seine Kindheit verbracht hat. – Und hier bin ich wieder so richtig im Sightseeing-Mood.
Das Gustav Mahler Haus
Im Erdgeschoss befindet sich der Ticketraum, der aber auch mit vielen Infos über die Stadt und ihre Sehenswürdigkeiten anbietet und auch etliche CDs und Bücher über Mahler verkauft.
Viele Infos und auch einige Bücher könnt ihr in deutscher Sprache erwerben. Die komplette Ausstellung ist durchgängig in Deutsch, Englisch und Tschechisch beschriftet. Und ja es gibt viel zu Lesen, aber es ist viel Interessantes, Neues und Kurioses mit dabei. Mahlerfans – zu denen ich mich schön langsam zähle – werden sicher begeistert sein.
Im Keller des Hauses gibt es einige Gegenstände, die für Haushalte der damaligen Zeit typisch waren. Unter anderem habe ich erfahren, dass Gustav Mahlers Vater Schnaps gebrannt hat (sein Rezept wird, angeblich leicht verändert, noch heute für den Mahlerovka verwendet – mehr darüber siehe hier). Ansonsten scheint sein Vater auch kein besonders netter Mensch gewesen zu sein.
Im Erdgeschoss könnt ihr in einem Zimmer Werke von Thea Weltner sehen. Sie war eine Verwandte von Gustav Mahler, lebte ebenfalls in ihrer Jugend in Jihlava, studierte Philosophie an der Karlsuniversität in Prag bis zur Machtübernahme der Nazis. Weltner wechselte zur Modedesignschule, arbeitete in Untergrund, wurde aber nach Theresienstadt deportiert, wo sie als einzige ihrer Familie überlebte.
Sie wanderte nach Australien aus, kehrte aber schließlich wieder nach Europa zurück und lebte bis zu ihrem Tod in der Schweiz. Weltner malte, schuf Bühnenbilder für mehrere Theaterstücke, war an Projekten und Performances beteiligt.
Charakteristisch für ihr Werk ist die Zartheit, ein alles umhüllendes Geheimnis, die Bevorzugung der weißen Farbe sowie die fast vollkommende Absenz anderer Farbtöne. Thematisch überwiegen die Fragen nach der Existenz und Ausrichtung der Menschheit, dem möglichen Weltende, sowie Themen der Kulturpolitik und viele weitere Probleme, die auch heute noch auf eine Lösung warten. Thea Weitner starb im Mai 2001 in Zürich, die ausgestellten Objekte stammen aus dem Nachlass der Künstlerin und wurden auf ihren Wunsch im Gustav Mahler Haus aufgestellt.
Im ersten Stock geht es dann richtig los mit Gustav Mahler. Man erfährt einiges über die Familie, aber auch das musikalische Umfeld seiner Jugend. Kann seine Schulnoten mit seinen eigenen vergleichen und ich habe ziemlich lange gebraucht bis ich den Eintrag für die Beurteilung seines Benehmens entziffern konnte.
Dazwischen – wie auch schon im Keller – gibt es immer wieder interaktive Stationen, an denen man sein Wissen testen kann. So wird ein Museumsbesuch kurzweiliger. Für die Jüngsten ist auch ein eigenes „Musikzimmer“ eingerichtet, wo sie nach Herzenslust die verschiedenen Musikinstrumente ausprobieren dürfen und so ihre eigenen Symphonien kreieren können.
Obwohl sich die Ausstellung natürlich in erster Linie mit seiner Jugendzeit in Jihlava befasst, gibt es aber auch Informationen über seine Ehe und damit über Alma Mahler. Außerdem wird auch auf das Zusammenleben von Tschechen, Deutschen und Juden in Jihlava eingegangen.
Im 2. Obergeschoss befindet sich eine weitere Ausstellung mit Werken von Gustav Krum. Das dritte Obergeschoß beheimatet die Bibliothek und einen Lesesaal.
Wir wandern nun weiter den Masaryk-Platz hinauf und kommen beim Frauentor vorbei.
Das Frauentor
Das Frauentor in der Věžní-Straße 1 ist das Wahrzeichen der Stadt. Es entstand während des Baus der Stadt und der Stadtmauer am Anfang der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts und es ist das einzige der fünf mittelalterlichen Stadttore, das erhalten blieb.1508 bis 1509 wurde der ursprüngliche Turm abgetragen und ein neues spätgotisches Tor mit einer hohen Durchfahrt und einem Spitzportal errichtet. Nachdem der große Stadtbrand auch am Tor Schäden angerichtet hatte, setzte man bei der Instandsetzung des Tores gleich ein viertes und fünftes Obergeschoss im Renaissancestil auf den Turm und erreichte damit bereits 1564 eine Höhe von 24 Meter. Die Turmkrone wird durch eine schöne Attika verziert, die dem Tor sein charakteristisches Aussehen verleiht.
Die Verteidigung früher zusätzlich mit einem komplizierten Vortor und einem mächtigen Barbakan, einer Zugbrücke und einigen Bastionen unterstützt, die sechs Meter breite Durchfahrt war mit einem Fallgitter abgesichert,
1853 wurde das Tor renoviert und mit einer Uhr ausgestattet, das Vortor wurde 1862 abgerissen, 1995 senkte sich das Tor und musste statisch gesichert werden, die Beschädigungen der Krone waren jedoch so stark, dass sie ein Jahr später abgerissen und eine neue Krone aufgesetzt werden musste.
Heute ist das Tor öffentlich zugänglich, beherbergt einige Ausstellungen und ist als Aussichtsturm mit Blick über die Stadt und die Umgebung zu besteigen.
Nach zwei Kirchtürmen habe ich dieses Mal allerdings keine Lust mehr auf eine weitere Turmbesteigung und so geht es weiter zu Gustav Mahler Park, wo auch die Eröffnung des Mahler Festivals stattfinden soll.
Allerdings hat es denn ganzen Tag immer wieder, manchmal auch recht stark, zu regnen begonnen, was zur Folge hat, dass wir höchstwahrscheinlich nur eine kleine Version der Eröffnung erleben können. So ist es auch: Selbst Mahler versteckt sich unter einem Regenschirm.
Der Gustav Mahler Park
Nichtsdestotrotz sollte man den Park – wenn möglich bei Schönwetter – besuchen. Zu Ehren des 150. Geburtstags von Gustav Mahler wurde das, den Park dominierende, Denkmal von Jan Koblasa enthüllt und der Park eröffnet. Die Statue ist von Fisch- und Vogelplastiken umgeben, die Mahlers musikalisches Schaffen (seine Liedtexte) symbolisieren sollen. Auch die zehn Wassersprudel des kleinen Teiches haben symbolische Bedeutung, Sie verweisen auf die Anzahl von Mahlers Symphonien.
Die Gestaltung des Parks soll an historische Gegebenheiten erinnern (wie die Zwingerfläche, die Stadtmauern, die freigelegten Fundamente der ehemaligen Synagoge), wie auch den Kontrast zwischen Stadt und Landschaft versinnbildlichen.
Eine Gedenktafel erinnert an den Standort der ehemaligen Synagoge der Stadt, die bereits kurz nach der Ausrufung der Protektorats Böhmen und Mähren durch SA-Angehörige geplündert und niedergebrannt wurde.
Damit ist mein erster kleiner Spaziergang durch die Stadt beendet. Ich eile ins Hotel Tří knížata zurück, gleich geht es ja zum Eröffnungskonzert des Mahler Festivals im DKO. Doch das ist eine andere Geschichte ….
Die Militärkapelle
Doch bevor nun wirklich Schluss ist mit dem Sightseeing-Rundgang muss ich euch noch von einem besonderen Kleinod der Stadt berichten. Dieses ist jedoch nur mit Führung zugänglich und da es in einer Polizeikaserne mit laufendem Betrieb untergebracht ist, gelten besondere Sicherheitsvorkehrungen. Das bedeutet, ihr müsst euch mittels Personalausweises oder Pass ausweisen und dann durch eine Sicherheitsschleuse. Aber es lohnt, vor allem für jene, die Jugendstil und Art Deco so mögen wie ich.
Das Gebäude, in dem sich die Kapelle befindet, wurde 1782 auf Befehl Kaiser Joseph II. erbaut und sollte als Militärkrankenhaus dienen. Die Kapelle war in den ursprünglichen Plänen nicht enthalten. Anscheinend wurde sie erst 1916 während des Ersten Weltkriegs geschaffen.
Die Gemälde in ihrem Innenraum kombinieren kirchliche und militärische Gemälde. Die Künstler sind zwei Maler aus Wien, die anscheinend in Jihlava während des Ersten Weltkrieges ihren Militärdienst leisten mussten.
Paul Ikrath (1988-1970) war ein österreichischer Maler und Pädagoge, Gründungsmitglied der Künstlervereinigung Maerz und der Innviertler Künstlergilde. Ikrath gab Kurse für Aktmalerei, Kunstgewerbe und graphische Techniken. Er selbst war Porträtist und auch immer wieder in Ausstellungen mit seinen Werken vertreten.
Der zweite Künstler, der die Ausstattung der Militärkapelle übernahm, war Hermann Kosel (1896-1983), ein österreichischer Maler und Grafiker. Er studierte an der Wiener Akademie der Bildendenden Künste, widmete sich aber ab der Zwischenkriegszeit immer mehr der Gebrauchsgrafik und der Plakatkunst. So arbeitete er unter anderem für Verlage, die Schuhfabrik Humanic und die internationale Automobilausstellung. Seine flächigen und bunten Plakate wurden allerdings auch sehr gerne für die Tourismuswerbung eingesetzt.
1938 floh er mit seiner jüdischen Frau Nelly Wengraf in die Schweiz, von 1939 bis 1949 lebte das Ehepaar in Aix en Provence, wo sich Kosel aber ausschließlich der Landschaftsmalerei widmete. Danach kehrten beide wieder nach Wien zurück.
Von 1950-1955 war er Mitglied der Wiener Secession, 1952 erhielt er den Staatspreis für das beste österreichische Plakat, 1954 erhielt er den Preis der Stadt Wien für Bildende Kunst, 2003 fand aus Anlass seines 20. Todestages die Ausstellung „The Holy Ever Day“ im MAK statt.
Die Gemälde in der Kapelle verbinden stilistisch den späten Wiener Jugendstil mit Elementen des Impressionismus. Meine Bilder drücken leider nur unvollkommen die Atmosphäre im Raum aus. Man muss einfach dort gewesen sein und die Darstellungen auf sich wirken lassen. Mich haben sie ähnlich beeindruckt wie der Besuch der Heiligen Geist-Kirche Javorca auf dem Weg des Friedens in Slowenien. Was muss es für eine Leistung sein, im Krieg unter ständiger Bedrohung seines Lebens solche Werke zu schaffen.
Die Kapelle wird heute nicht mehr liturgisch genutzt, sondern dient der Polizeischule als repräsentativer Versammlungsraum. Leider ist sie normalerweise öffentlich nicht zugänglich. Aber einmal im Monat finden regelmäßige Führungen statt die von Brána Jihlava organisiert werden.
Daher mein Tipp: Lasst euch diesen Ort bei eurem Besuch nicht entgehen, wenn ihr die Möglichkeit habt, an einer Führung teilzunehmen. Ausweis nicht vergessen!
Braná Jihlavy
Brána Matky Boží
586 01 Jihlava 1, Věžní 4785/1
Tel: +420 565 597 588
https://www.dojihlavy.cz/de/mista/vojenska-kaple
Allerdings gäbe es noch einiges in Jihlava zu entdecken, wie die Stadtmauern, den Untergrund, die Minoritenkirche Mariä Himmelfahrt, die Dominikanerkirche des Heiligen Kreuzes, die Kirche des Heiligen Geistes, die evangelische Sankt Paulus Kirche, die Kirche des Heiligen Johannes des Täufers, den Zoo, an heißen Sommertagen das Wasserparadies, und dann wären da auch noch verschiedene Lehrpfade in der Stadt zum Thema Bergbau oder zu den musikalischen Persönlichkeiten der Stadt. Es gibt also noch jede Menge bei einem weiteren Besuch zu entdecken: do Jihlava …
Mehr über die Geschichte der Stadt erfahrt ihr auch hier https://ome-lexikon.uni-oldenburg.de/orte/iglau -jihlava
Ich empfehle auf jeden Fall den Besuch des Tourismusinformationszentrums der Stadt, die wirklich jede Menge an Informationsmaterial aufliegen haben und euch auch gerne Auskunft über Führungen, Eintritte, etc geben können – alles in Deutsch möglich.
Tourismusinformationszentrum Jihlava
586 01 Jihlava, Masaryk-Platz 2
Tel: +420 565 591 847
Email:
www.visitjihlava.eu
Weitere Infos und Sehenswürdigkeiten findet ihr auch hier: https://www.dojihlavy.cz/de/do-mesta/mista
Die Besuche erfolgte auf Einladung von Braná Jihlavy und Czech Tourism Wien
Noch einige Infos zu Jihlava:
Das Mahler-Festival „Musik der Tausend“ in Jihlava (Iglau)
Jihlava - Black Wall Café & Cocktail-Bar
Jihlava - Patisserie - Café Ignaz
Jihlava - Hotel/Restaurant Tři Knížata
Hier findet ihr daher in Kürze weitere „Ausflugs- und Entdeckungstipps“ in der Nähe.