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Prachatice (Prachatitz) in Südböhmen beeindruckt durch ihren wunderschönen Hauptplatz und ihre Geschichte.

Die Stadt im Dreiländereck – Deutschland, Österreich, Tschechien – hatte ihre Blütezeit zur Zeit des Goldenen Steigs über den der Salzhandel, das weiße Gold seiner Zeit, von Passau nach Prachatice führte.

Der Hauptplatz von Prachatice
Der Hauptplatz von Prachatice

Doch die Umgebung war schon viel früher besiedelt. So erzählt eine Legende, dass in Prachatice die erste christliche Kirche Ende des 10. Jahrhunderts vom Heiligen Adalbert, dem Bischof von Prag, eingeweiht wurde.

Wunderschöne Häuser - wohin soll man zuerst schauen
Wunderschöne Häuser - wohin soll man zuerst schauen

Die erste schriftliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 1010, und ist eine Urkunde, die König Heinrich II. unterzeichnete. Die erste namentliche Nennung des Namens Prachatice stammt aus 1088, als König Vratislav II. den Ort und alle Einkünfte aus dem Salzhandel dem Vyšehrader Domkapitel schenkte.

Prachatice
Prachatice

Eine weitere Erwähnung findet sich in einer Urkunde aus dem Jahre 1312, in der Werner von Witiejitz, der Beauftragte der Vyšehrader Pröbste und Errichter der Neustadt von Prachatice, dem Kloster Niedernburg aus Passau versprach, alle Kaufleute auf der Straße zwischen Prachatice und Passau zu beschützen. Bald darauf erhielt der Ort Marktrechte.

Prachatice
Prachatice

1323 wurde von König Johann von Böhmen dem Magistrat der Stadt das Recht erteilt, gegen eine ständige Zahlung an die Pröbste von Vyšehrad alle übrigen Einnahmen aus den Mautgebühren an der Salzstraße für eigene Zwecke zu verwenden. Ab 1359 wird Prachatice bereits als Stadt bezeichnet. 1382 wird ihr von Wenzel IV. das Stapelrecht für das nach Böhmen eingeführte Salz verliehen, damit war Prachatice die einzige Stadt, in der andere böhmische Städte bayrisches Salz kaufen durften.

Puppenmuseum in Prachatice
Im Puppenmuseum in Prachatice

Die Stadt blühte weiter auf, das sich auch in der Gründung einer Lateinschule zeigte, die in späteren Jahren der tschechische Reformator Jan Hus absolvierte. Dennoch blieb die Stadt römisch-katholisch, wurde 1420 von den Hussiten unter Jan Žižka zum ersten Mal erobert, die Katholiken vertrieben.

Die Hausfassade muss man genauer betrachten
Die Hausfassaden muss man genauer betrachten

Doch sie kehrten zurück und rächten sich nun an den verbliebenen Hussiten, wobei zwei oder drei sogar verbrannt und deren Vermögen konfisziert wurde. Doch auch der katholische „Sieg“ dauerte nicht lang, die Hussiten schlossen einen Bündnisvertrag mit dem hussitischen Písek, anschließend wartete man allerdings auf Žižka, der fürchterlich in der Stadt wütete: 85 männliche Bewohner wurden in die Sakristei der Jakobskirche gesperrt und bei lebendigen Leib verbrannt, 230 Verteidiger der Stadt mit Dreschflegeln erschlagen, Frauen und Kinder als vogelfrei erklärt und aus der Stadt vertrieben, nur sieben treue Prachatitzer Bürger wurden von Žižka verschont.

Prachatice
Prachatice

1436 wird Prachtice kurze Zeit zur freien böhmischen Königsstadt ernannt, doch schon 1437 von Kaiser Sigismund wieder verpfändet und din die Untertanenstädte eingegliedert. Bald darauf waren auch hier die Rosenberger am Zug: 1510 übernahm Wok II. von Rosenberg die Stadt, die dann 100 Jahre lang im Besitz der Familie blieb. Nicht zum Schaden der Stadt: viele neue Gebäude wurden um diese Zeit errichtet und der Salzhandel erreichte um diese Zeit seinen Höhepunkt.

Prachatice
Prachatice

1601 kaufte Rudolf II. die Stadt vom letzten Vertreter der Rosenberger (Peter Wok) und erhob die Stadt zwar 1609 zur Königsstadt, verlagerte aber den Salzhandel größtenteils zum Linzer Steig, was zu finanziellen Einbußen von Prachatice führte.

Prachatice
Prachatice - Puppenmuseum

Mit dem Dreißigjährigen Krieg ging der Bedeutungsverlust weiter voran, die Stadt verlor ihre Privilegien und wurde mehrfach geplündert. Mit der Einführung des kaiserlichen Salzmonopols 1692 wurde der Niedergang noch einmal beschleunigt. Ab 1706 verdrängte die Salzproduktion in Gmunden das bayrische Salz vollständig, das Lager wurde nach Český Krumlov verlegt, der Goldene Steig und Prachatice verloren ihre Bedeutung.

Prachatice
Prachatice

1719 übernahmen die Fürsten zu Schwarzenberg Prachatice und verbanden sie mit ihrer Herrschaft in Wallern. Ein Stadtbrand im April 1832 zerstörte an die 80 Häuser, viele bemalt und mit Wappen und Denksprüchen verziert. Darauf wurde beim Wiederaufbau verzichtet, sodass diese nur noch am Rathaus und auf zwei weiteren Häusern heute erhalten sind.

Der Brunnen am Hauptplatz
Der Brunnen am Hauptplatz

Im 19. Jahrhundert war die Stadt mit überwiegend deutschsprachigen Einwohnern bevölkert. Es gab ein herrschaftliches Amtshaus, das städtische Rathaus, zwei Kasernen, ein Spital, Schulen und natürlich ein Brauhaus in der Vorstadt und eine Mühle. Man lebte vor allem vom Ackerbau, der Viehzucht und der Branntweinbrennerei. Immerhin gingen 138 Branntweinbrenner in der Stadt dieser Beschäftigung nach und der als Prachatitzer bezeichnete Perlbranntwein wurde in ganz Böhmen und Österreich verkauft. 

Prachatice
Prachatice - Im Inneren der Kapelle

Drei Jahrmärkte durften abgehalten werden, dazu noch Wochenmärkte, darunter welche auch für Getreide und Vieh. 

1893 bekam die Stadt einen Bahnanschluss.

Die kleine Kapelle
Die kleine Kapelle in Prachatice

Nach der Gründung der Tschechoslowakei 1918 änderte sich die Vorherrschaft der deutschsprechenden Bevölkerung. 1930 war das Verhältnis bereits ausgeglichen. 1938 erfolgte durch das Münchner Abkommen der Anschluss an Nazi-Deutschland, der Landkreis Prachatitz wurde an den Regierungsbezirk Niederbayern und Oberpflanz angeschlossen.

Prachatice
Prachatice

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Prachatice wieder der Tschechoslowakei zurückgegeben und die Beneš-Dekrete 1946 sorgten dafür, dass ein Großteil der deutschböhmischen Bevölkerung vertrieben wurde.

Prachatice
Prachatice

Heute gilt die Stadt als eine der am besten erhaltenen städtischen Komplexe der Tschechischen Republik. Die historische Altstadt konnte sich in ihrer Renaissance-Form in einem Ring aus intakten Stadtmauern erhalten. Dieser alte Kern der Stadt wurde daher auch 1981 zum Stadt-Schutzgebiet erklärt.

Prachatice
Prachatice

Der Glanz des Goldenen Steigs ist schon lange dahin, aber auch heute noch finden immer wieder Feste statt, die an die glorreichen Tage der Stadt zu seiner Zeit erinnern.

Sehenswürdigkeiten

Wer die Stadt besucht, sollte sich auf jeden Fall auf zum Hauptplatz machen. Hier sind die schönsten Häuser vereint und man kann sich so richtig den früheren Reichtum und Flair von Prachatice vorstellen. Man braucht sich nur einmal im Kreis zu drehen und hat bereits viele schöne Fotomotive in der Kamera. Wenn ihr genügend Zeit habt, lohnt es sich auch, die Malereien an den Häusern genauer zu betrachten.

Abendstimmung in Prachatice
Abendstimmung in Prachatice

Fangen wir also bei unserem Rundgang gleich am Hauptplatz an.

Der Steinbrunnen

In der Mitte des Platzes steht ein großer Steinbrunnen, dessen ursprüngliche Variante mit einer Gerechtigkeitsstatue geschmückt war und im Jahr 1583 von Ondřej Vlach mit Helfern erbaut wurde.

Der Steinbrunnen am Hauptplatz von Prachatice
Der Steinbrunnen am Hauptplatz von Prachatice

Wie vieles veränderte auch der Brunnen immer wieder seine Form, bzw. seine Statue. Diese wurde 1903 durch eine Büste von Kaiser Josephs II. ersetzt. Nach dem Ersten Weltkrieg sollte hier ein Denkmal für die Gefallenen des Krieges entstehen. 1925 wurde die Gerechtigkeitsstatue wieder an ihren ursprünglichen Platz gebracht, allerdings war die Waage, die sie in der linken Hand hielt und die als Symbol der Gerechtigkeit gilt, in der Zwischenzeit verloren gegangen.

Das Alte Rathaus

In der südwestlichen Ecke des Platzes befindet sich der dreistöckige Palastbau mit Satteldach und zwei kurzen Hofflügeln, das zu den Juwelen der tschechischen Renaissancearchitektur gezählt wird.

Das Haus wurde 1570-1571 erbaut, entweder als eine Rekonstruktion des ursprünglichen „Rathauses“ oder anstelle des ursprünglichen Rosenberger Schlosses. Anscheinend sind sich hier die Quellen nicht ganz einig. Der Rohbau scheint bereits Ende 1570 fertiggestellt worden sein, danach folgten Außendekoration und die Inneneinrichtung, an der sich auch der Maler Jan Březnický beteiligte. Die Hauptarbeiten scheinen im September 1571 abgeschlossen worden sein.

Das Alte Rathaus von Prachatice
Das Alte Rathaus von Prachatice

1702 schlug der Blitz in den Turm ein, worauf ein Brand ausbrach und der Turm im Zuge einer Restaurierung 1719 durch einen anderen Bau ersetzt wurde. 1832 verwüstete ebenfalls ein Brand große Teile der Stadt, dabei kam auch der Turm zu schaden und es wurde danach das heutige Satteldach gefertigt. Trotz Restaurierung wurde der Turm aber 1884 von den Stadträten wegen Baufälligkeit abgerissen und nicht mehr aufgebaut. 1903 änderte der Bau des Neuen Rathauses mit Eckturm das Bild des Hauptplatzes auf der westlichen Seite, und das Türmchen auf dem Dach des Alten Rathauses verlor weiter seine Bedeutung.

Das Alte Rathaus in Prachatice
Das Alte Rathaus in Prachatice

Die fünfseitige Renaissancefassade zeugt auch heute noch den damaligen Reichtum der Stadt. Die Hauptszene im dritten Stock zwischen dem dritten und vierten Fenster von links zeigt eine Allegorie der Rosenberger – ein bärtiger Mann mit einem Löwenkopf auf der Brust, einem Schwert und einer Lilie, der Geld verteilt. Wahrscheinlich soll er die Güte und die Großzügigkeit der Familie Rosenberg symbolisieren.

In den ovalen Kartuschen auf dem gewölbten Gesims sind die acht Tugenden dargestellt und mit lateinischen Inschriften versehen:
Patentia, die Geduld, dargestellt durch eine Frau mit einem Lamm
Prudentia, die Vorsicht, - eine Frau mit Schild oder Spiegel
Caritas, die Liebe, - eine Frau streckt zwei Kindern, die ihr entgegenlaufen, die Hände entgegen 
Justitia, die Gerechtigkeit, - eine Frau mit Schwert und Waage
Fides, der Glaube, - eine Frau mit Kreuz und Kelch
Spes, die Hoffnung, - eine Frau mit Anker an eine Säule gekettet
Fortitudo, die Tapferkeit, - ein römischer Soldat mit Speer und Schild mit einem an eine Säule geketteten Löwen
Temperantia, die Mäßigkeit, - eine Frau, die Wasser in eine Schüssel gießt, aus der ein Hund trinkt

Prachatice
Prachatice

Im Inneren des Rathauses ist im Erdgeschoss das ursprüngliche Renaissancegewölbe erhalten. Leider sind wir wieder einmal zu spät gekommen, um darauf einen Blick werfen zu können. Da hier aber auch das Informationszentrum der Stadt untergebracht ist, sollte es möglich sein, untertags einen Blick darauf werfen zu können. Heute betritt man das Rathaus durch ein Steinportal im Gotik-Renaissance-Stil in der rechten Wand.

Das Rathaus ist von einem ovalen Tonnengewölbe mit dreieckigen Abschnitten mit Renaissance-Wappen und Spitzenabsenkungen bedeckt.
Im zweiten Stock befindet sich der Rosenberger-Saal (Rožmberský-Saal) mit seinem originalen Renaissance-Gewölbe. In der linken Querwand kann man ein erhaltenes Renaissance-Steinportal sehen, mit einem Fries, eingesetzten Rosen, die auf das Rosenberger-Geschlecht hinweisen und klassizistischem Profilgesims. 

Ein hölzerner, mit einem Tonnengewölbe überdachter Treppenarm führt in das dritte Obergeschoss, das sich zu einem weiteren Zwischengeschoss mit einem Kreuzgewölbe mit Graten öffnet und den Raum der Arkaden im obersten Stockwerk überdecken.
Im Alten Rathaus sind das Gemeindeamt der Stadt und das Informationszentrum untergebracht, daher sind die Räume in den entsprechenden Bereichen während ihrer Öffnungszeiten auch öffentlich zugänglich.

Altes Rathaus Prachatice
Gemeindeamt und Tourinfo
383 01 Prachatice, Velké nám 1
Tel: +420 388 607 574
Email: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
https://visit.prachatice.eu

Das Neue Rathaus

An der Westseite des Platzes befindet sich das Pseudorenaissancegebäude, das zu Beginn des 20. Jahrhunderts gebaut wurde, da das Alte Rathaus „aus allen Nähten“ platzte. Daher erwarb die Stadt das ursprüngliche Gebäude Nr. 4  von der Stadtsparkasse, das an der Stelle des jetzigen Neuen Rathauses stand.

Blick auf das Neue Rathaus von Prachatice
Blick auf das Neue Rathaus von Prachatice

1903 wurde dann das Neue Rathaus nach einem Entwurf des Wiener Architekten Antonín Schurda im Stile der deutschen Neorenaissance vom Prachatitzer Baumeister Rudolf Zobel errichtet. Die Sgraffito-Verzierung stammt vom Wiener Maler Jan Viertelberger, die skulpturalen Werke wurden von Jiří Leisek aus Wien ausgeführt.

Der Turm vom Neuen Rathaus in Prachatice
Der Turm vom Neuen Rathaus in Prachatice

Am Eckturm sowie in einer Nische kann man die Prachaticia, die Schutzpatronin der Stadt sehen. Das Neue Rathaus wurde als Gegengewicht zum angrenzenden Alten Rathaus errichtet, wobei der Eckturm auch ein Ersatz für dessen – im Jahr 1884 abgetragenen – Uhrturm darstellt.
Der Sockel des Erdgeschosses ist mit Stuck verziert, die graue Farbe imitiert Diorit, einen typischen lokalen Baustein der Renaissance, die Fassade ist mit Sgraffiti-Malerei aus einer Kombination aus Schwarz und Weiß geschmückt, die auch auf das Alte Rathaus verweisen. Unter dem Hauptgesims sind verschiedene Berufsgruppen dargestellt. So ist ein Astronom (Wissenschaft) ebenso zu sehen wie ein Schmied (Handwerk), ein Priester (Klerus), eine Frau (Justiz), ein Soldat (Militär), ein Bauer (Landwirtschaft) und ein Bildhauer (Kunst).

Neues Rathaus in Prachatice
Neues Rathaus in Prachatice

Die zwei weiblichen Figuren auf der Höhe des zweiten Stocks symbolisieren einerseits die Hausfrau, also den Fleiß und die andere die Genügsamkeit. Darunter findet sich die Darstellung eines Transports des Salzes auf Eseln über den Goldenen Steig, der von bewaffneten Männern geschützt wird.

Das neue Rathaus in Prachatice
Das Neue Rathaus in Prachatice

Ein Gemälde am Turm zeigt die Übergabe der Stadtprivilegien 1382 an Prachatice durch einen Boten von König Wenzel IV. 
Das Neue Rathaus befindet sich ebenfalls am Velké nám. und ist unter der Nummer 3 zu finden.

Das Renaissance Bürgerhaus Bozkovského

Auf dem Hauptplatz befinden sich aber noch weitere sehenswerte Gebäude, wie dieses Gebäude auf der Südseite des Hauptplatzes, an der Ecke Velké náměstí und Solní Straße.

Das dreistöckige Gebäude mit Walmdach wurde in der ersten Hälfte des 16. oder am Ende des 15. Jahrhunderts gebaut. Ein kurzer, schmaler Flügel erstreckt sich in den Platz hinein, im Erdgeschoss findet man ein zweijochiges Renaissance-Kreuzkammgewölbe und auf Bodenhöhe drei Erkerfenster auf Steinpfeilern.

Das Renaissance Bürgerhaus Bozkovského in Prachatice
Das Renaissance Bürgerhaus Bozkovského in Prachatice

Bis 1570 diente das Gebäude als Rathaus, im 16. Jahrhundert war im Erdgeschoss eine Fleischerei untergebracht, 1882 – 1885 diente das Gebäude als tschechische Schule. Im letzten Viertel des 19. Jahrhundert wurde im Erdgeschoss ein Café eingerichtet und auch heute gibt es dort eine Konditorei mit Café, während der erste Stock als Zeremoniensaal genutzt wird.

Rumpálův dům

Auch die Nummer 41, an der Ostseite des Velké náměstí ist ein wunderschönes Renaissance-Bürgerhaus mit interessanter Malerei.
Es ist Teil eines großen Wohnblocks, dessen Errichtung Peter von Rosenberg 1539 genehmigt hatte und der jetzt von den Straßen Velké nám. und Kostelní nám sowie von Křišťanova und Postovní begrenzt wird und den ursprünglich größer angelegten Platz verkleinerte. Die Häuser dieses Blocks zählen zu den ältesten erhaltenen Backsteinbauten der Stadt und das Rumpálův dům dürfte sogar spätgotischen Ursprungs sein. Wahrscheinlich erfolgte vor 1580 ein Umbau im Renaissance-Stil, bei dem unter anderem die Sgraffito-Verzierung der Hauptfassade zum Platz hin erfolgte. Im Erdgeschoss kann man Renaissance-Tonnengewölbe entdecken.

Rumpálův dům
Rumpálův dům

Für die Sgraffito-Malerei wurde hier eine anspruchsvolle Technik verwendet: ziegelrot-braun gefärbte Darstellung auf einem grau-blau gefärbten Putz mit eingravierten, rot gezeichneten Linien. Aber auch die Themen unterscheiden sich von den anderen Häusern: Die Fassade wird in horizontal in drei Ebenen durch Ornamente geteilt. Es sind antike Motive zu sehen, aber auch Landsknechte, ein Pfeifer, ein Trommler mit einem Soldaten mit Schwert, ein Fähnrich, ein Soldat mit Speer u.a.

Rumpálův dům
Rumpálův dům

Außerdem wird eine Schlacht mit antiken Reitern und Fußkriegern dargestellt, auf der kürzeren Ecke kann man einen in einem Zelt schlafenden oder sterbenden Kriegsherrn sehen, aber auch mystische Figuren sind in einer Pflanzen- und Rankendekoration dargestellt.
In der zweiten Hälftre des 20. Jahrhunderts war hier ein Kino untergebracht.
Das Gebäude zählt zu den historisch wertvollsten Objekten der Stadt.

Das Sitrův dům

An der Nordseite des Hauptplatzes befindet sich Sitter oder Žďárský-Haus, das nach ihren früheren Besitzern benannt ist und einen gotischen Kern besitzt.

1581 kaufte Ambrosius Sitter aus Wallern (Volary) das alte Haus mit Grund für seinen Sohn Thomas. Der erfolgreiche Salzhändler ließ 1604 ein neues Gebäude von Baumeister Josef Fargit, einem Italiener, errichten, der bereits in Budweis tätig gewesen war.

Das Sitrův dům
Das Sitrův dům

1865 kaufte das Ehepaar Josef und Franziska Žďárský das Haus. 1885 beherbergte es im Erdgeschoss ein Gasthaus und im ersten Stock waren Studenten des deutschen Gymnasiums untergebracht. 1950 erwarb die Stadt das Haus, das sich damals in einem schlechten Zustand befand. Seit der Renovierung 1954 ist hier das Stadtmuseum untergebracht und damit ist es auch für die Öffentlichkeit zugänglich.

Im ersten Obergeschoss kann man zwischen den drei großen Fenstern die vier Allegorien Justitia (Gerechtigkeit), Patientia (Geduld), Prudentia (Klugheit) und Fortitudo (Tapferkeit) sehen.

Darüber finden sich Porträts von zehn böhmischen Herrschern: Wenzel IV. von Luxemburg, Sigismund, Albrecht II., Ladislaus Postumus, Georg von Podiebrad, Vladislav II. von Böhmen und Ungarn, Ludwig II. von Böhmen und Ungarn, Ferdinand I., Maxmilian II. und Rudolf II.

Das Fürsten- und das Nationalhaus (Knížecí a Národní dům)

Am Hauptplatz von Prachatice kann man sich nur staunend von einer Seite auf die andere drehen – und wer sich all die Gemälde der Häuser genauer anschauen möchte und sich für deren Geschichte interessiert, kann allein hier viel Zeit verbringen. Es lohnt sich aber auch wirklich hier einige Zeit zu verbringen und das eine oder andere Haus genauer zu betrachten. 

Auf Nummer 9 wartet schon der nächste Häuserkomplex hier auf uns: das zweistöckige Eckfürstenhaus (ursprünglich Nr,169/I) und das daran angrenzenden Nationalhaus (historisch die Nummer 10).

Das Fürstenhaus

Das fürstliche oder – nach einem späteren Besitzer – schwarzenbergische Haus ist ebenfalls gotischen Ursprungs und wurde 1572 im Renaissancestil umgebaut. Bereits um die 1720 erfolgten die nächsten Umbauten. 1832 zerstörte der große Stadtbrand das Dach des Hauses, eine Renovierung war notwendig, später wurde dann nochmal zu Beginn des 20. Jahrhunderts restauriert. 

Das Haus mit dem Elefanten
Das Haus mit dem Elefanten

Jakub Menšik aus Menštein war der Erbauer und erster Besitzer des Hauses, bevor es Vilém von Rosenberg kaufte. Im 18. Und 19. Jahrhundert wohnten die adeligen Beamten des Prachatices-Anwesens darin.


Die Westseite beeindruckt mit Sgraffito-Malereien von 1570 bis 1580, die biblische und allegrische Szenen ebenso darstellen wie Kampf-, Jagd- und Moralmotive. Sie sind mit altdeutschen Inschriften versehen und man nimmt an, dass Illustrationen des Holzstechers Erhard Schön für einige als Vorlage dienten. Bemerkenswert ist auch die Darstellung eines Elefanten neben der Darstellung von Jagdmotiven oder aus dem militärischen Umfeld. Die Malerei wurde erst 1889 wieder entdeckt, da sie zuvor durch Gips verdeckt war.

Prachatice
Prachatice

Wer die Malereien ausführlich betrachten will, braucht Zeit: Männer unterhalten sich hier mit Frauen und trinken, St, Georg zu Pferd tötet den Drachen mit einem Speer, mehrere Personen sitzen mit einem Herrscher auf einem Fuchs, ein Landsknecht findet sich ebenso wie ein antiker Soldat oder ein springender Hund oder eine Meerjungfrau mit doppeltem Fischschwanz. Dazwischen immer wieder Scheinarchitektur und unleserliche Dekorationsfragmente und biblische Szenen wie jene von Joseph den seine Brüder in Ägypten verkaufen.

Ursprünglich war auch die Vorderwand zu Hauptplatz mit Sgraffiti verziert, diese wurde jedoch beim großen Brand von 1832 beschädigt und daher ist nur mehr ein ca. ein Meter breiter Sgraffitistreifen erhalten.

Über der Portalspitze beim Eingang befindet sich auf Höhe des Mezzaningesims eine klassizistische Kunststoffkartusche mit dem Wappen der Schwarzenberger.

Das Nationalhaus

Das Gebäude stammt ebenfalls aus der Renaissance. Sein erster urkundlich erwähnte Besitzer ist Petr Maršák aus Husince, der es aber 1583 an einen Salzhändler aus Prachatice verkaufte. 1900 wurde es vom Sokol-Gymnasium erworben und für die Schulbedürfnisse um- und ein Jahr später um ein Stockwerk ausgebaut. 1903 schufen Ladislav Novák und Mikoláš Alš die Sgraffito-Fassade mit ihren nationalen Motiven und plastischen Einteilungen im Stil der Neorenaissance.

Auf Höhe des ersten und zweiten Obergeschosses entstand ein farbiges Sgraffito mit der Allegorie der Begeisterung und der Macht, einer Darstellung eines Adlers, ornamentalen Motiven und der Inschrift Nationalhaus, das jedoch bereits wieder in der Ersten Republik entfernt wurde. In den 60er Jahren wurden weitere Umbauten und Veränderungen durchgeführt und die ursprüngliche Fassade stark veränderte und unattraktiver gestaltete. 2012 wurde jedoch die ursprüngliche Sgraffito-Verzierung und plastische Gliederung bei einer Renovierung wieder hergestellt.

Die Verbindung beider Häuser erfolgte in der Zeit des Sokol-Gymnasium der beide erwarb und miteinander verband, den Eingang vom Platz zur Nummer 10 zumauern ließ und man so nur durch das Fürstenhaus hineingelangte.

In den 1960 wurde das Nationalhaus erneut umgebaut und mit einem Mehrzwecksaal erweitert. Dafür musste das Haus Nr. 9 abgerissen werden. Ein Hotelkomplex mit Restaurant, Bar und Mehrzwecksaal entstand und wurde1965 fertiggestellt. 2007-2008 wurde nochmals umgebaut und der heutige Gesellschaftssaal des Nationalhauses entstand.

Auch die Keller der beiden Häuser sind interessant. Noch heute kann man die Haken sehen, an denen früher die Lebensmittel aufgehängt wurden.

Die Kirche des Heiligen Jakobus

Die spätgotische Kirche in der Kostelní náměstí ist dem Heiligen Jakobus, dem Älteren gewidmet, der als Schutzpatron der Kaufleute, Pilger und Weisen gilt.

Von weitem sichtbar: Die Kirche des Heiligen Jakobus
Vom weitem sichtbar: Die Kirche des Heiligen Jakobus

Der Bau der Kirche steht im Zusammenhand mit der Gründung der Stadt Ende 13./Anfang 14. Jahrhundert und die Bedeutung des Goldenen Steigs hatte wohl auch einen Einfluss auf die Wahl des Schutzpatrons der Kirche, die als eines der bedeutendsten und ältesten Denkmäler in Prachatice gilt.

Die Kirche des Heiligen Jakobus in Prachatice
Die Kirche des Heiligen Jakobus in Prachatice

Die dreischiffige Kirche ist mit einem fünfeckigen Presbyterium ausgestattet, das an beiden Seiten Sakristeien abschließen, sowie die Kapelle des Heiligen Jan Neumann auf der Südseite (früher war die Kapelle der Heiligen Barbara und dem Heiligen Kreuz gewidmet). Die Westseite schließen zwei Türme ab, wobei der südlichere 53 Meter hoch ist.

Im Inneren der Kirche des Heiligen Jakobus
Im Inneren der Kirche des Heiligen Jakobus

Ihre endgültige Form erhielt die Kirche zwischen 1505 und 1513. Nach einem Brand 1507 waren beide Türme zerstört, da die Glocken durch die Hitze des Feuers schmolzen. Das Dach der Kirche aber überstand den Brand, sodass man sich an die Restaurierung machte und diese vermutlich um 1516 abschloss. Aus dieser Zeit stammt auch das Wandgemälde der Kreuzigung Christi im Presbyterium.

Kirche des Heiligen Jakobus
Kirche des Heiligen Jakobus

Noch einmal beschädigte ein Brand die Kirche: Nach dem Brand 1832 erhielt der höhere Turm seine heutige Form.
Im Inneren ist der Barockaltar bemerkenswert, der aus 1653 von Jan Weber geschaffen wurde, der anscheinend auch einige Teile des älteren gotischen Altars bei seinem Werk verwendet hat. ER zeigt den Schutzpatron der Kirche, den Heiligen Jakobus, über ihm sieht man den auferstandenen Christus und die Heiligen Katharina und Barbara.

Jakobskirche in Prachatice
Jakobskirche in Prachatice

Interessant sind auch der Christus-Leiden-Altar von Jindřich Weber aus 1754 rechts vom Hauptaltar, am Eingang zum rechten Kirchenschiff ein Spätrenaissancerelief der Geißelung Christi aus 1513 und die Eckstatue des Heiligen Wenzel aus 1508 mit den Reliefs Verkündigung, Geburt Christi und Anbetung der Heiligen Drei Könige im unteren Teil.

Die Kirche ist zwar kaum zu übersehen, wenn ihr vom Hauptplatz Richtung Stadttor geht, dennoch hier die Adresse: 383 01 Prachatice, Křišťanova 34.

Das Untere Tor (Dolní brána)

Nördlich der Kirche des Heiligen Jakobus, am Eingang zum historischen Stadtzentrum befindet sich das Untere Tor, auch Píseker Tor genannt. Es ist Teil der mittelalterlichen Stadtbefestigung.

Das Untere Tor in Prachatice
Das Untere Tor in Prachatice

An der Wand kann man nicht nur das Gemälde eines Reiters sehen, sondern auch Inschriften und Rosen, die wiederum auf die Herrschaft der Rosenberger hinweisen. 

Weitere Sehenswürdigkeiten:

Heydlův dům

In der Nähe der Kirche, in der Kostelní náměstí 28 befindet sich ein weiteres sehenswertes einstöckiges Renaissancehaus mit einem gotischen Kern. Es wurde nach 1540 im Renaissance-Stil umgebaut und später klassizistisch umgestaltet. Das Dach mit seinem Dachboden und den Zinnen, die mit Porträts verschiedener Personen geschmückt sind und die reichen Sgraffiti-Verzierungen blieben im Renaissancestil erhalten. 

Heydlův dům
Heydlův dům

Unterhalb befindet sich ebenfalls ein Streifen aus Sgraffito Figuren, die verschiedene Auseinandersetzungen zwischen Männern und Frauen zeigen. 

Neben einem Fenster an der Ecke befindet sich ein Bild von einem Mann mit einem Jungen und ein Schild mit dem Namen Heydl, das dem Haus wohl dem Namen gab. Ein halbkreisförmig gewölbtes Steinprotal über dessen Spitze man eine Rosenblüte erkennen kann führt in das Haus hinein. Die Jahreszahl 1557 an der Fassade gibt wohl das Ende des Umbaus in der Renaissance an.  

Das Gemeindehaus Nr.3

Gegenüber der Kirche St. Jakob, in der Křišťanova 34 liegt das zweistöckige Haus ohne Hof, das ursprünglich mit einem umlaufenden Renaissancedachboden ausgestattet war. Doch auch hier viel das ursprüngliche Dach einem Stadtbrand im Jahr 1832 zum Opfer und wurde durch ein klassisches Walmdach ersetzt.

Das Gemeindehaus
Das Gemeindehaus

Die barocke Fassade ist dreiachsig, im Erdgeschoss befindet sich eine Tür mit klassizistischer Steinverkleidung. Im ersten Obergeschoss kann man in einem rechteckigen Stuckrahmen mit Blattmotiven ein barockes Gemälde mit dem Thema der Krönung der Jungfrau Maria mit anbetenden Engeln erkennen. Unterhalb findet sich die Jahreszahl 1649, die wohl auf die Entstehung des Bildes hinweist.
Die barocke Fassade wurde beim Umbau 1994 wieder hergestellt. 

Das Husův dům

Das Haus mit der Nr. 71 in der Husová Straße, Ecke Věžní Straße war ursprünglich ein gotisches einstöckiges Haus, das in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in seine heutige Form umgebaut wurde. Die Fassade, die zur Hosová Straße zeigt, ist mit Sgraffiti aus dem Jahre 1555 bemalt. Die unregelmäßig angeordneten Fensteröffnungen erwecken den Eindruck eines symmetrischen Grundrisses, obwohl die Fassade in Wirklichkeit asymmetrisch ausgeführt ist.

Wertvolle Gewölberäume wie der Quersaal im Erdgeschoss mit Kammgewölbe oder im hinteren Teil des Erdgeschosses ein Raum mit Kreuzgewölbe und Mittelsäule beeindrucken ebenso wie Netzkammgewölbe und Kreuzkammgewölbe im Obergeschoss. Die Keller sind mit Tonnengewölben aus Stein ausgestattet.

Angeblich wohnte in diesem Haus Jan Hus während seiner Schulzeit in Prachatice. 1826 war hier eine städtische Schule untergebracht, ab 1966 die Bezirksvolksbibliothek und danach bis heute die Stadtbibliothek von Prachatice.         

Das Haus Poštovní 119

Fast hätte ich es bei meinem schnellen Rundgang durch die Stadt übersehen. Das Gebäude in der Postgasse (Poštovní), das zwar spätgotischen Ursprungs ist, aber wiederholt umgebaut wurde.

Das Gebäude steht an der Ecke der Postgasse zur Salzgasse (Solní), über die der Goldene Steig vom ehemaligen Passauer Tor zum Marktplatz führte. 

Das Haus Poštovní 119 in Prachatice
Das Haus Poštovní 119 in Prachatice

In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde auch dieses Haus im Stil der Renaissance umgebaut und um ein Stockwerk erhöht, später im 19. Jahrhundert folgte nochmals ein größerer Umbau.

Auffallend ist, dass die Fenster heute ungleiche Höhen haben und unsymmetrisch angelegt sind. Sie wurden auch erst im 19. Jahrhundert eingefügt. Bemerkenswert ist auch der Erker auf Kragsteinen und die Reste eines Portals mit Stichbogen und farbigen Verzierungen in der Salzgasse. Diese wurden erst bei späteren Renovierungen freigelegt, das Portal allerdings wurde beim Fenstereinbau zerstört.

Bei der Restaurierung wurde ein Teil der alten Umrahmungen und Verzierungen freigelegt. Die Eckquader sind schwarz weiß im ortsüblichen Sgraffito aufgetragen, weitere umrahmten die ehemaligen Fenster, außerdem gab es einen Zierstreifen, der im dritten Stock um das ganze Haus lief.

Městská škola

In der Děkanská Straße 30 liegt das eingeschossige Haus im spätgotischen Stil, das als Anbau an die ursprünglich mittelalterliche Stadtmauer am Ende des 14. Jahrhunderts errichtet wurde. Diese Steinmauer mit ihren sieben Kanonenbastionen verlor allerdings durch einen Umbau und der Errichtung einer Außenmauer im zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts an Bedeutung. Wenn ihr durch den Park spaziert, könnt ihr den Anbau des Hauses an die Burgmauer deutlich sehen, da die Mauer bis unter die Fensterbank des ersten Obergeschosses vorspringt.

Městská škola in Prachatice
Městská škola in Prachatice

Das Haus, dessen Eingang von der Kirche durch ein geschnitztes, spätgotisches Steinportal mit Kreuzrillung möglich ist, hat eine mit hellgelbem Rauputz bedeckte Fassade. Im Erdgeschoss findet man wieder tonnengewölbte Räume.

Da vom 16.-19. Jahrhundert in dem Gebäude eine Schule untergebracht war und hier auch immer der Rektor der Schule wohnte, ist das Haus auch unter Rektorhaus oder Literaturschule bekannt.

https://visit.prachatice.eu/

Der Besuch erfolgte im Rahmen einer Pressereise auf Einladung von Czech Tourism Wien

Hier noch ein Restaurant- und ein Hoteltipp:

Prachatice – Restaurant Pivovar Prachatice

Prachatice – Hotel Koruna