Nahe der Grenze, unweit von Znaim wird gerade wieder ein Juwel zu neuem Leben erweckt. Zu besichtigen ist es jetzt schon.
Das Schloss Uherčice gehört zu den größten Schlossanlagen in Tschechien: Mit seinen 169 Räumen liegt es nach der Prager Burg, Ceský Krumlov, Neuhaus und Lednice an 5. Stelle. Durch seine Nähe zum Eisernen Vorhang verfiel das Schloss immer mehr und auch nach der Samtenen Revolution wusste man anfangs nicht, ob man das verfallene Gebäude wieder instand setzen sollte. Doch man sich dafür entschlossen und Stück für Stück kehrt der alte Glanz zurück. Obwohl noch lange nicht fertig renoviert, ist es jetzt schon Besuchens wert.
Erste schriftliche Erwähnung des Ortes ist eine Schenkungsurkunde aus 1310, die von Königin Eliška 1312 ratifiziert wurde, mit der Güter in Uherčice und andere umliegende Dörfer dem Zisterzienserkloster in Oslavany geschenkt wurden.
Während der Hussitenkriege wurde das Dorf wahrscheinlich verlassen. 1481 klagt die Äbtissin Kateřina aus Oslavany vor dem Bezirksgericht in Brünn, dass Volfgang Krajíř von Krajk eine Reihe von Dörfern, darunter das „öde Ungeršic“ illegal besitzt. Eine Urkunde 1493 von Buda bestätigt allerdings Lipolt Krajíř und seinem Vater Volfgang den Besitz. Die Reste des Klosterbesitzes in Uherčice werden im selben Jahr von der Schwester Oberin an Lipolt verkauft.
In dieser Zeit ließ Leopold Kraiger von Kraigk eine spätgotische Festung errichten, deren quadratischer Grundriss noch im östlichen Teil, dem „alten Schloss“ ersichtlich ist. Sein Neffe baute das Gebäude später zu einem Renaissance-Schloss um und 1562 kaufte Wolf Strein von Schwarzenau das Schloss und ließ es zu einem repräsentativen Domizil erweitern. Da die Streins Protestanten waren, wurden einige Güter von ihnen nach der Schlacht am Weißen Berg und dem Sieg der katholischen Liga konfisziert.
Hanuš Jiří Strein gelang es aber Nové Uherčice an Jakub Berchtold zu verkaufen. Obwohl er von Kaiser Ferdinand II. das Angebot hatte unter bestimmten Bedingungen die mährische Herrschaft behalten zu können, nutzte er das Angebot nicht. Nichtkatholiken waren damals im Land nicht geduldet und wahrscheinlich hätte er dann wieder zum Katholizismus konvertieren müssen.
Der neue Besitzer Jakub Berchtold von Trient war Ritter, Doktor der Rechtswissenschaften, Gerichts- und Regierungsrat und Direktor der Gerichtskammer. Seine Söhne wurden 1673 von Kaiser Leopold I. mit dem Beinamen „ von Uherčice“ in den Reichsgrafenstand erhoben.
Während Matthias Arnošt als Gründer der böhmish-mährischen Linien und Jakub Filip der ungarischen Linie der Berchtolds galt, erbte František Benedikt Uherčice. Nachdem er 1690 starb verkauften seine Töchter später das Gut an die Heissler von Heitersheim.
1731 ging die Herrschaft auf Antonín Isaiáš, Freiherr von Hartig, kaiserlicher Rat in Wien, später kaiserlicher Geheimrat und Vizepräsident des kaiserlichen Hofrates über.
1751 kam das Haus Collalto et San Salvatore in den Besitz von Uherčice. Sie waren eines der ältesten und mächtigsten Adelsfamilien in Norditalien, die ihre Ursprünge auf langobardische Könige im 7. Jahrhundert zurückführten. Als Gründer des mährischen Zweiges der Familie gilt Rambaldo XIII., der im Streit mit der Republik Venedig, die die Privilegien der Collaltos zunehmend unterdrückte, lag und daher das Land verließ bzw. verlassen musste.
Mit 16 Jahren stellte er sich in den Dienst des Kaisers und konnte bald auf eine schwindelerregende Karriere im militärischen Bereich zurücksehen. Er wurde sogar zum Präsidenten des Hofkriegsrates ernannt und obwohl heute weniger bekannt als Albrecht von Wallenstein, war er eigentlich höher in der Rangordnung gestellt als dieser. Ramboldo erweiterte seine Güter in Mähren mehr und mehr, größtenteils durch Beschlagnahmungen.
Doch die Collaltos zeichneten sich auch durch unternehmerische Fähigkeiten aus. So begannen sie hier mit der Schafzucht, besaßen Mühlen, Steinbrüche, eine Kalkproduktion und natürlich Teiche.
Der letzte Besitzer aus der Familie Collalto et San Salvatore war Octavian, dessen Besitz nach Kriegsende 1945 mit der Begründung, dass es sich um deutsches Eigentum handle, mittels der Beneš-Dekrete konfisziert wurde. Seiner Beschwerde wurde zwar stattgegeben, gleichzeitig wurde er aber als Feind der Republik bezeichnet und damit 1946 eine neue Einziehungsverfügung erstellt. Anschließend fanden die Gebäude ihre Nutzung als Kaserne und Frauengefängnis.
Dennoch verfiel das Gebäude immer mehr, sodass die Bausubstanz in den Jahren nach 2000 einen kritischen Zustand aufwies. 2005 begannen die ersten Renovierungsarbeiten und so kann man heute bereits wieder einige Teile im alten Glanz bewundern.
Wobei man auch sagen muss, dass das Schloss auch in seinem verfallenen Zustand seinen Reiz hatte. So war es Schauplatz mehrerer Märchenfilme.
Das Schloss mit seinen dominaten Bauteilen wie dem prismatischen Turm und dem Innenhof, der von einer zweistöckigen Arkade umgeben ist, gehört zu den schönsten Bauwerken der südmährischen Renaissance. Die Collaltos verloren nie ganz ihre Verbindung zu Italien und holten immer wieder Künstler und Baumeister aus Italien nach Mähren.
Während der Renovierung wird die Tour immer wieder geändert, aber schon jetzt kann einzigartiges bewundert werden. (Die nächste Touränderung ist für 2024 geplant).
Prachtvoll ist bereits das Eingangstor, über dem sich gerade wieder ein Turm zu erheben beginnt. Der ursprüngliche Turm war eingestürzt, wird aber nun wieder analog des Originals aufgebaut. Gleich danach öffnet sich der Blick auf einen wunderschönen Arkadenhof, den ersten von insgesamt vier Innenhöfen.
Bevor man diesen besichtigt, sollte man aber noch die Ausstellung besuchen, in der man einiges über die Familie Collalto erfahren kann, sowie Bilder vom Zustand einiger Räumlichkeiten vor der Renovierung ansehen kann. Für mich ist es immer wieder ein Wunder wie man es schaffen kann, die Räume danach wieder in so einen wunderschönen Zustand zu versetzen.
Dann geht unsere Führung mit der Kastellanin des Schlosses weiter. Alle Räume, die bereits fertig renoviert sind, stammen aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Die Möbel gehörten nicht zum Schloss Uherčice, sondern wurden aus anderen Schlössern gehlt, sind aber der Zeit angepasst. Auch die Kamine sind nicht mehr Original, diese waren alle zerstört, wurden aber nach den Originalen nachgebaut.
Während der Führung kann man unter anderem den Empfangssalon der Besitzer sehen, die Schlosskapelle, die Repräsentationsräume des Westflügels, das Barockkammertheater und den Bankettsaal.
Wir kommen auch noch bei der sogenannten „Schule“ vorbei, ein Raum, in dem die Kinder des Schlosses privat unterrichtet wurden.
Am Modell des Schlosses, das ebenfalls beim Rundgang gezeigt wird, kann man erst so richtig die Größe der Anlage erkennen. Und ein Blick in den Park – aus einem Fenster oder von der Terrasse – zeigt uns auch die kleine Ruine im Park, die allerdings bereits als Ruine erbaut wurde. Sie und ein kleiner Obelisk sind leider die einzigen Objekte, die von der „Parkausstattung“ erhalten geblieben sind.
Bei schönem Wetter ist daher ein Rundgang durch den Schlosspark unbedingt zu empfehlen. Erst als französischer Garten angelegt, dann in einen englischen Park umgewandelt wurde er immer wieder ausgebaut und erweitert.
Nicht unerwähnt soll auch bleiben, dass im Schloss auch eine seltene Fledermausart ihr Zuhause gefunden hat.
Im Schloss finden während der Sommermonate immer wieder Konzerte statt, in der 2./3. Juliwoche gibt es sogar ein Musikfestival.
Das Schloss ist nur mit einer Führung zu besichtigen. Für Deutsch sprechende Besucher hält man gedruckte Informationen bereit, sodass man während einer tschechischen Führung den Text in Deutsch mitlesen kann. Die Kastellanin versteht Deutsch sehr gut, spricht allerdings nur ein bisschen Deutsch.
Schloss Uherčice ist von April bis Oktober geöffnet – in der Hauptsaison Juli/August jeweils von 10:30 bis 17:30 Uhr, ansonsten nur am Wochenenden. Bitte checkt in jedem Fall aber die Website www.zamek-uhercice.cz bezüglich der Öffnungszeiten. Tickets können hier ebenfalls online erworben werden.
Gruppen können gegen Voranmeldung jederzeit eine Besichtigung vereinbaren.
Wenn auch noch viel Zeit und Geld in die weitere Renovierung gesteckt werden muss, das Schloss ist ein Juwel – ihr werdet es vor Ort erleben. Auch wenn noch nicht alles renoviert ist, der Besuch lohnt trotzdem.
Hier noch ein kurzes „Vorher-Nachher“-Video von einigen Teilen des Schlosses:
Schloss Uherčice
671 07 Uherčice u Znojma
Tel: +420 515 298 396
Email:
www.zamek-uhercice.cz
Der Besuch erfolgte im Rahmen einer Pressereise auf Einladung der Znaimer Region, Remo Agency und Czech Tourism